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Interview zur Weltnaturkonferenz in Montreal

Dr. Bettina Hoffmann, Parlamentarische Umwelt-Staatssekretärin. Foto: Anja Dorny

Niedenstein. Anlässlich der heute zu Ende gehenden 15. Weltnaturkonferenz im kanadischen Montreal, die eine Trendwende im Artenschutz einläuten soll, beantwortet die heimische Bundestagsabgeordnete und Dipl.-Biologin Dr. Bettina Hoffmann Fragen rund um verbindliche und messbare Ziele sowie Kontrollmöglichkeiten. Die Bündnisgrüne Dr. Hoffmann ist Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium.

❓ Wie geht es der Natur?

❗ Die Lage ist dramatisch. Wir Menschen dringen immer weiter in natürliche Lebensräume von Tieren und Pflanzen vor. Wir zerstören, zerschneiden und versiegeln sie, machen Wiesen zu Agrarsteppen, Wälder zu Holzfabriken, Sümpfe zu Siedlungen. Dadurch gehen jeden Tag viele Arten unwiederbringlich verloren, eine Million sind weltweit vom Aussterben bedroht. Eine ausgestorbene Art kann nicht wiederbelebt werden, das muss jedem klar sein. Wir müssen sofort handeln.

❓ Warum sind die Tier- und Pflanzenarten für uns so wichtig?

❗ Gesunde Böden und die Bestäubung von Pflanzen durch Insekten sind Grundlagen für eine funktionierende Landwirtschaft und für die Ernährung der Weltbevölkerung. Viele Arzneimittel und Kosmetika beruhen auf Zutaten aus der Natur. Funktionierende Ökosysteme wie Wälder und Auen binden Kohlendioxid aus der Atmosphäre und speichern es langfristig. Sie wirken zudem als Puffer gegen die Folgen der Klimakrise, indem sie Hochwasser aufnehmen und bei Hitze für Abkühlung sorgen. Und nicht zuletzt sind sie wichtige Rückzugs- und Erholungsorte für Menschen.

❓ Warum muss die Weltnaturkonferenz gerade jetzt erfolgreich sein?

❗ Wissenschaftler sind sich einig: Das sechste Massenaussterben hat begonnen. Meist machen wir das an dem akuten Verlust tropischer Regenwälder wie im Amazonas fest. Wir vergessen dabei, dass wir in Mitteleuropa unsere Urwälder und Moore bereits bis auf wenige Reste vernichtet haben. Und jetzt kommt noch die Klimakrise hinzu. Durch die Erderhitzung verändern sich Lebensbedingungen schneller als sich Ökosysteme anpassen können. Sterbende Ökosysteme, wie Wälder oder Moore, setzen innerhalb kurzer Zeit große Mengen Kohlenstoff frei, den sie zuvor über Jahrtausende gebunden haben. Artensterben und Klimakrise verstärken sich gegenseitig.

❓ Wofür setzt sich Deutschland in Montreal ein?

❗ Wir setzen uns in Montreal dafür ein, dass die Ursachen für das Artensterben angegangen werden. Zerstörung und Ausbeutung der Natur müssen aufhören. Die Umweltverschmutzung, einschließlich der weltweiten Plastikvermüllung wollen wir beenden. Mit einer Kreislaufwirtschaft wollen wir den Rohstoffabbau begrenzen. Unser Land und unsere Meere müssen wir nachhaltig nutzen und mindestens 30 Prozent davon der Natur überlassen. Unsere bestehenden Schutzgebiete müssen wir besser managen: Dünger und Pestizide gehören dort nicht hin. Wälder sollen wieder natürlich altern können. Geschädigte Moore müssen wiederhergestellt werden. In Auen sollen Bäche und Flüsse wieder ihre natürliche Kraft entfalten.

❓ Was hat das alles mit dem Schwalm-Eder-Kreis zu tun?

❗ Das Artensterben ist längst vor unserer Haustür angekommen. Immer häufiger wird uns bewusst, dass es immer weniger Insekten gibt. Die Masse der Fluginsekten ist seit 1989 um rund drei Viertel zurückgegangen. Wo keine Blumen mehr blühen, wo Böden sterben und Wald kein Totholz hat, da können auch keine Insekten leben. Wer weiß schon, dass die Vögel unserer Felder und Wiesen wie Rebhuhn und Bekassine bedroht sind. Leise sterben auch Waldfledermäuse, wenn sie keine Baumhöhlen finden. Was ist mit unseren Wäldern? Die Folgen der Klimakrise wie die Dürre zeigen ungeschönt, wie schlimm es um sie bestellt ist.

❓ Wie sollen Schutz und Wiederherstellung der Natur finanziert werden?

❗ Für den globalen Naturschutz wird Deutschland 1,5 Milliarden Euro pro Jahr ab 2025 zur Verfügung stellen. Auf nationaler Ebene stehen allein vier Milliarden Euro für den natürlichen Klimaschutz bis 2026 zur Verfügung. So viel Geld hat noch nie eine Bundesregierung bereitgestellt, um Natur zu erhalten und wiederherzustellen. Auch der Schwalm-Eder-Kreis kann beim Artenschutz mitmachen und Mittel beantragen. Ich freue mich darauf.

✔️ Die SEK-News und ihre Leser*innen bedanken sich für das Interview.



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