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Mehr Weiterbildung im ländlichen Raum erforderlich

Prof. Dr. Herbert Wassmann. Foto: privat

Schwalm-Eder. „Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück.“ (Benjamin Britten). Der Erfolg eines Unternehmens hängt vor allem von den Menschen ab, die dafür arbeiten, von ihrem Leistungswillen sowie von der Bereitschaft, ständig dazuzulernen. Durch die technischen, wirtschaftlichen Entwicklungen wandeln sich die Arbeitsbedingungen immer schneller.

Vorstehende Sätze schreibt Prof. Dr. Herbert Wassmann von der SRH Fernhochschule The Mobile University und im Ehrenamt als Stadtverordneter in der Kreisstadt Homberg (Efze) in einer Pressemitteilung. Er macht sich stark für „mehr zukunftsorientierte Weiterbildungsangebote im ländlichen Raum“.

Zukunftsaufgabe Berufliche Weiterbildung

Die Veröffentlichung mit dem Titel „Zukunftsaufgabe Berufliche Weiterbildung“ vom November 1990 seitens des Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung enthält Grundpositionen der Wirtschaft. Im Fokus standen dabei im Wesentlichen die Aspekte: Bedeutung der beruflichen Weiterbildung, wachsender Bedarf an beruflicher Weiterbildung, Anforderungen an Berufs- und Arbeitswelt sowie der Bildungsbereich braucht Freiräume. Zudem hält Prof. Wassmann eine Transparenz der Angebote, die Orientierung am Subsidiaritätsprinzip sowie eine Beteiligung an der Finanzierung der beruflichen Weiterbildung für erforderlich. Dazu gehören auch die Entwicklung eines differenzierten, praxisorientierten Qualifikationssystems.

Veränderungsprozesse und Grundverständnis

Der Einsatz moderner Technologien – insbesondere der Mikroelektronik als Schlüsseltechnologie – im Produktions- und Verwaltungsbereich führte nach Wassmanns Worten einerseits zur qualitativen Veränderung von Berufs- und Qualifikationsstrukturen. Andererseits war absehbar, dass mit einem quantitativ verringerten Arbeitskräftepotenzial – also Folge der Rationalisierung – Produktionszuwächse und Wirtschaftswachstum erzielt werden können.

Das Entstehen neuer Felder im Dienstleistungsbereich (z.B. Freizeit), die Entwicklung alternativer Beschäftigung im Kontext mit Bildung (Arbeiten, Lernen und Wohnen) eröffneten neue Formen von Arbeiten und Lernen und zeigten beschäftigungswirksame Effekte. „Ohne Zweifel befinden wir uns gegenwärtig in einem Prozess des raschen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturwandels“, sagt Wassmann. Dieser sei gekennzeichnet durch die Globalisierung, eine beschleunigte Innovationsdynamik und eine zunehmende Konzentration von Wertschöpfungsprozessen. Die Arbeit im Dienstleistungssektor, der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien und die Vernetzung von Arbeitsprozessen wirken sich ebenfalls auf den Strukturwandel aus. „Auch ist in diesem Zusammenhang von dem Weg in die Wissensgesellschaft die Rede.“

Chancen im flächendeckenden Weiterbildungssystem

Nachfolgend skizziert Prof. Dr. Wassmann einige Anregungen für den Aus- und Aufbau des Weiterbildungsbereichs im Schwalm-Eder-Kreis. Er unterscheidet zwischen kurzfristigen und mittelfristigen Maßnahmen.

Die Volkshochschule als öffentliche Einrichtung ist für eine Grundversorgung im Weiterbildungsbereich verantwortlich. Ihre Angebote könnten in Dorfgemeinschaftshäusern stattfinden. Eine Ausweitung der VHS-Kurse in den Sachgebieten „Gesellschaft und Politik“, „Technik und Mathematik“ und „Sprachen“ will der Wissenschaftler auf den Prüfstand stellen. Weiter bringt er eine jährliche Einrichtung von Lehrgängen zur Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss in allen Mittelzentren und in größeren Orten ins Gespräch; dazu Lehrgänge zur Vorbereitung auf Realschulabschluss und Abitur. Auch solle die Inanspruchnahme der Volkshochschule durch Arbeitssuchende bzw. Arbeitslose ermöglicht werden. Im Sachgebiet „Gesellschaft und Politik“ sollten Themen enthalten sein, die die Arbeits- und Lebensbedingungen im Schwalm-Eder-Kreis zum Gegenstand haben.

Weitere Ideen sind die Einrichtung von Busverbindungen (Kleinbusse) zu zentralen Weiterbildungsveranstaltungen; die Erstellung eines Gesamtweiterbildungsprogramms für den Schwalm-Eder-Kreis; und die Verteilung der VHS-Programme über die beruflichen Schulen.

Weiterbildungszentren an Berufsschulstandorten

Auf mittlerer Sicht wäre der Aufbau von Weiterbildungszentren in Fritzlar, Homberg, Melsungen und Schwalmstadt eine Option, meint der Homberger Stadtverordnete weiter. Diese könnten an die beruflichen Schulen des Schwalm-Eder-Kreises angeschlossen werden und zusätzlich der außerbetrieblichen beruflichen Erstausbildung zur Verfügung stehen. „Werkstätten für den gewerblich-technischen Bereich der beruflichen Weiterbildung als auch der beruflichen Erstausbildung sind dabei notwendig“, sieht Wassmann voraus. „Träger solcher Weiterbildungszentren kann der Kreis oder das Land sein; eine Kooperation von mehreren Trägern (Bundesanstalt für Arbeit, der Bund, das Land, der Kreis, dass Landesarbeitsamt, DGB, IHK; Handwerkskamme etc.) ist ebenfalls denkbar. Beispielsweise bieten die beruflichen Schulen des Schwalm-Eder-Kreises in Schwalmstadt eine klassische dreijährige Erzieherausbildung an, die mit der staatlichen Anerkennung abschließt.“

Weiterbildung auch im Schwalm-Eder-Kreis – immer noch ein Stiefkind?

Während sich für Bürgerinnen und Bürger die Bereitschaft zur Weiterbildung und zum lebenslangen Lernen zu einer Schlüsselqualifikation bzw. Notwendigkeit entwickelt hat, verharrt der Staat mit seinen Investitionen noch nahezu auf dem Stand von vor zwei Jahrzehnten. Die Weiterbildungsteilnahme hat sich in dieser Zeit kaum erhöht. Prof. Dr. Wassmann weiter: „Dass sie nicht noch abgefallen ist, verdankt sie den Betrieben und Individuen. Sie haben den Rückzug der öffentlichen Hand mit gestiegenen Ausgaben kompensiert. So wurden die Weiterbildungskosten zunehmend privatisiert, was bestimmte Zielgruppen systematisch benachteiligt. Betroffen sind vor allem Geringqualifizierte und von Armut gefährdete Menschen. Sie verfügen weder über ausreichend finanzielle Mittel, um an Weiterbildung teilnehmen zu können, noch werden sie von ihren Arbeitgebern angemessen gefördert.“

In der Konsequenz nähmen diese Gruppen besonders wenig an Weiterbildung teil. Es sei die Aufgabe der öffentlichen Hand, unterstützend und fördernd einzugreifen. „Mangelndes staatliches Engagement in Weiterbildung gefährdet Daseinsfürsorge und Zukunftssicherung. Bisher ist es nicht gelungen, dem zunehmenden Strukturwandel im Beschäftigungsbereich durch geeignete staatliche Investitionen und Fördermaßnahmen in Weiterbildung zu begegnen. […] Klassische Berufs- und Qualifikationsmuster werden sich in ihren Aneignungswegen und -formaten ändern. Die Möglichkeit und Bereitschaft zu lebenslangem Lernen entscheiden darüber, ob sich Unternehmen und Beschäftigte ebenso flexibel wie kompetent auf Unsicherheiten, Wandel und Neues einstellen können“, so Sozialwissenschaftler Wassmann abschließend.

(red)



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