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Nach Medaillen und Siegen zum Studium in die USA

Melsungen. „Setze dir ein realistisches Ziel, das du erreichen kannst“, sagte Alwin Wagner, als er im Jahr 2017 Vivian Groppe aus dem Malsfelder Ortsteil Beiseförth in seine Trainingsgruppe aufnahm.

Vivian Groppe wird ab Sommer an der University of Nevada in Reno international Business und Sportmanagement studieren. Foto: Nevada Wolf Pack | MT Melsungen

Immer wieder realistische Ziele

Für Wagner, der über 50 Jahre als Leichtathletik-Trainer in der MT Melsungen und 15 Jahre als Wurftrainer für den Hessischen Leichtathletik-Verband arbeitete, war es wichtig, dass seine Schützlinge Ziele wählten, die sowohl herausfordernd als auch erreichbar waren. „Mit realistischen Zielen erhöht man die Wahrscheinlichkeit, sie erfolgreich zu erreichen; unrealistische oder überambitionierte Ziele können frustrierend sein und zu Entmutigung führen“, sagte der erfahrene Trainer.

Als Vivian Groppe 14 Jahre alt wurde, träumte sie davon, einmal hessische Meisterin im Sprint zu werden. Bereits ein Jahr später erfüllte sich dieser Traum und deshalb setzte sich Vivian ein neues Ziel. Sie wollte in den nächsten vier Jahren einmal bei den deutschen Jugendmeisterschaften bei der Siegerehrung im Sprint auf dem Treppchen stehen und in die deutsche Nationalmannschaft berufen werden. Auch dieses hohe Ziel konnte sie schon als 16-Jährige realisieren, denn sie präsentierte sich sportlich stets in optimaler Verfassung und sicherte sich in der Jugendklasse einen kompletten Medaillensatz in den Sprintwettbewerben. Ihre vielen Bestzeiten zeugen von ihrer Fähigkeit, sich gezielt und optimal auf die entscheidenden Wettkämpfe vorzubereiten und ihre Leistung genau zum richtigen Zeitpunkt abzurufen.

Pandemie-bedingter Einschnitt

Danach richtete die ehrgeizige Athletin ihren Blick auf das nächste Ziel: die Teilnahme als Sprinterin an einer internationalen Meisterschaft. Und bereits im Alter von 17 Jahren erreichte sie im Jahr 2021 die Qualifikation für die U18-Europameisterschaft in Rieti (Italien) Mit ihrer 200m-Bestzeit von 24,12 Sekunden zählte sie zu den besten Zehn in Europa. Leider wurde die U18-EM aufgrund der COVID-19-Pandemie um ein Jahr verschoben und fand 2022 in Jerusalem (Israel) statt, wo sie altersbedingt nicht mehr teilnehmen durfte.

Bei den deutschen U20-Meisterschaften, die 2022 in Ulm ausgetragen wurden, demonstrierte Vivian den Zuschauern ihre beeindruckende Sprintfähigkeit. Bereits im Vorlauf trumpfte sie mächtig auf und verbesserte ihren persönlichen Rekord von 11,79 auf 11,73 Sekunden. Nachdem sie im Zwischenlauf mit 11,55 Sekunden gestoppt wurde, verfehlte sie im 100-Meter-Finale nach einem suboptimalen Start als Vierte mit 11,62 Sekunden den Medaillenrang nur um den Wimpernschlag von 0,01 Sekunden. Damit blieb sie dreimal unter der Qualifikationsnorm (11,80) für die U20-WM in Cali, Kolumbien.

Der größte sportliche Erfolg – Deutsche U18-Meisterin über 200 Meter vor Holly Okuku. Foto: N.N. | MT Melsungen

Entscheidung des Bundestrainers

Nach diesen drei großartigen Vorstellungen waren selbst die Konkurrentinnen, aber auch die sachkundigen Zuschauer und vor allem Trainer Alwin Wagner überzeugt, dass die MT-Sprinterin sich mit ihren herausragenden Leistungen zumindest für die 4x100m-WM-Staffel qualifiziert hatte. Doch der Bundestrainer Alex Seeger entschied sich gegen die erfolgreiche Jugendliche aus Beiseförth. Als Begründung für seine wenig durchdachte Entscheidung gab Seeger an: „Vivian kann nicht wechseln.“

Das Vorbereitungstraining für die WM war darauf ausgerichtet, dass sie in Kolumbien eine Zeit unter 11,50 Sekunden erreichen konnte. Dass sie dazu in der Lage war, zeigte sich im Training, als sie die 100 Meter um 0,1 Sekunden schneller lief, als beim Abschlusstest für die deutschen Meisterschaften.

Fokussiert voranschreiten

Nach dieser großen Enttäuschung fand Trainer Wagner einfühlsame Worte, um seine hoffnungsvolle Sprinterin zu trösten. Mit Sensibilität wies er darauf hin, dass jeder Rückschlag und jede überwundene Herausforderung einen näher an die Verwirklichung seiner Ziele bringt. Er betonte, wie wichtig es sei, fokussiert zu bleiben und unbeirrt auf seinem Weg voranzuschreiten. Wagner ermutigte seinen Schützling, fest an ihr Ziel zu glauben, denn die entscheidende Distanz zwischen Traum und der angestrebten Wirklichkeit wird letztendlich von der Beharrlichkeit bestimmt.

Da Vivian, die im Frühjahr ihr Abitur an der Geschwister-Scholl-Schule in Melsungen absolvieren wird, eine harmonische Balance zwischen ihren schulischen Verpflichtungen und ihrem Sprinttraining gefunden hat, ergeben sich für sie in beiden Lebensbereichen Schlüsselelemente von herausragender Bedeutung. Diese umfassen Disziplin, Freude an der Tätigkeit, Willensstärke, angemessenen Ehrgeiz sowie Zielstrebigkeit und nicht zuletzt Beharrlichkeit.

Anfragen von US-Talentsuchern

Auf die vielen Höhepunkte in ihrer Zeit als Jugendsprinterin angesprochen, nannte die 19-Jährige einen Sprintwettbewerb gegen Malaika Mihambo, wo sie lange Zeit der Sportlerin der Jahre 2019 bis 2021 Paroli bieten konnte. „Es war ein besonderer Moment, als ich Seite an Seite mit der Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin auf gleicher Höhe laufen konnte“, sagte Vivian.

Auch wenn die erfolgreiche Jugendliche bisher noch nicht bei einer internationalen Meisterschaft antreten durfte, erlangte sie internationale Aufmerksamkeit, weil sie laufend Medaillen und wertvolle Siege sammelte. So fiel die schnelle Athletin bereits 2020 den Scouts auf, die für Universitäten in den USA Top-Talente ansprechen und vermitteln. Nach ihrer Bronzemedaille über 200 Meter in 24,52 Sekunden bei den deutschen U18-Meisterschaften in Heilbronn nahmen sie mit Familie Groppe Kontakt auf. Man wollte Vivian im Auge behalten und ihre weitere Entwicklung verfolgen.

Nach ihren überlegenen Sieg über 200 Meter bei den deutschen U18-Meisterschaften 2021 in Rostock, wo sie mit beeindruckenden 24,12 Sekunden die gesamte deutsche Konkurrenz deklassiert hatte, erhielt sie mehrere Anfragen von den Universitäten aus den Vereinigten Staaten.

Drei Universitäten zur Wahl

Um den Verantwortlichen einen authentischen Eindruck von ihrer Leistungsfähigkeit zu vermitteln, wurde ein Athletenvideo von ihr erstellt und an die interessierten Universitäten gesendet, die Stipendien für talentierte Sprinter vergaben. Nach mehreren Videokonferenzen kristallisierten sich drei Universitäten heraus, die sowohl akademisch als auch sportlich als potenzielle Studienorte fernab der Heimat infrage kamen. Vivian Groppe erhielt die Möglichkeit, sich eine Universität auszusuchen.

In den Herbstferien reiste sie auf Einladung mit ihren Eltern in die USA und besuchte die Universitäten von Nevada, Idaho und Ohio. „Die Reise war spannend, aufregend und faszinierend zugleich. Und alle drei Studienorte begeisterten mich auf unterschiedliche Weisen“, sagte Vivian nach ihrer Rückkehr.

Entscheidung für das „Wolf Pack“

Nach gründlicher Überlegung entschied sie sich für das Leichtathletik-Team „Nevada Wolf Pack“, das die University of Nevada, Reno, repräsentiert. „Vom ersten Moment an war ich tief beeindruckt, da die Konzentration von Studienbedingungen, Wohnmöglichkeiten, Sporteinrichtungen und medizinischer Versorgung überwältigend war“, berichtete sie mit leuchtenden Augen. „Ich war überrascht, dass ich unmittelbar nach der Ankunft in Reno bereits von den schnellen und erfolgreichen Sprinterinnen herzlich aufgenommen wurde. Ich fühlte mich gleich wohl, hatte aber großen Respekt. Ich bin dankbar, dass ich ab August gemeinsam mit den schnellen Athletinnen trainieren darf und werde sicherlich davon auch profitieren.

Kurze Wege zum Training

Das Team mit herausragenden Trainern, das optimale Umfeld mit Ärzten, Physiotherapeuten und Betreuern sowie eine sehr gepflegte Sportanlage mit modernster Ausstattung, einschließlich einer In- und Outdoor-Laufbahn, verstärkten ihren Entschluss. Während sie in der Heimat zum Training nach Felsberg, Baunatal oder gar Frankfurt für die Hin- und Rückfahrt mehrere Stunden in der Woche opfern muss, kann sie in Reno die kurzen Wege zwischen Unterkunft, Hörsaal und den Sportstätten problemlos in wenigen Minuten zu Fuß zu zurückgelegen.

Nordhessen in den Semesterferien

„Für mich sind dies die besten Bedingungen, um meine sportlichen und akademischen Ziele perfekt miteinander zu verbinden“, sagte Vivian, die sich für die Studiengänge „International Business“ und „Sportmanagement“ in Reno eingeschrieben hat. Im August 2024 wird sie ihr Studium beginnen und zunächst für vier Jahre in Nevada bleiben. Dank des Stipendiums erhält sie eine optimale Förderung.

„In den Semesterferien werde ich nach Nordhessen zurückkehren um auch an Wettkämpfen in Deutschland teilzunehmen“, sagte die 19-Jährige, die weiterhin für die MT Melsungen starten und während ihrer Aufenthalte in der Region von Alwin Wagner betreut werden wird.

(ajw)



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