Luis André muss sein Potenzial abrufen
Koblenz. Am Zusammenfluss von Rhein und Mosel kämpfen vom 26. bis 28. Juli die besten U20-Leichtathleten bei den Deutschen Jugendmeisterschaften um die Titel in ihrer Altersklasse. Gleichzeitig ist es für manche die letzte Chance, die Norm für die U20-WM in Lima (Peru) zu erfüllen und noch auf dem WM-Zug nach Peru aufzuspringen.
Aus heimischer Sicht rückt das Kugelstoßen mit dem Melsunger Luis André in den Mittelpunkt der Veranstaltung.
Neuanfang nach Verletzung
Der 19-Jährige, der seit Herbst 2021 das Leistungssportgymnasium in Chemnitz besuchte und vor einigen Wochen sein Abitur mit der Note 1,2 bestand, wird immer wieder von Verletzungen geplagt. Vor allem seine schwere Verletzung zu Beginn des vergangenen Jahres warf ihn weit zurück und sorgte dafür, dass er im Herbst 2023 praktisch wieder von vorne anfangen musste.
Inzwischen hat er sich körperlich wieder gut in Form gebracht. Aber Luis sucht immer noch nach dem richtigen Rezept, um mit der 6-kg-Kugel konstant Weiten jenseits der 17 Meter zu erreichen. Dies gelang ihm bisher nur zweimal – im Februar in der Halle in Melsungen (17,32 m) sowie am 22. Mai beim Werferabend in Neubrandenburg (17,24 m).
Wettkampf-Auftakt am Freitagabend

Wenn die 14 gemeldeten Kugelstoßer am Freitagabend um 17.50 Uhr im Stadion Oberwerth in Koblenz ihren Wettkampf beginnen, dann wird sich der Favorit Georg Harpf (München), der in der Hallensaison seine Bestleistung mit der 6-kg-Kugel auf 20,61 m steigern konnte, wahrscheinlich mehr auf seine eigenen Stöße konzentrieren als auf die Konkurrenz, die von Shaun-Paul Fritzsche (Zwickau) angeführt wird. Der Trainingspartner von Luis kann aber ohne Druck stoßen, denn er hat bereits zweimal in dieser Saison die WM-Norm von 18,50 Metern übertroffen. Erst vor sechs Tagen distanziert er mit 18,77 m in Schönebeck den Bronzemedaillenanwärter Theodor Otto Eltz (Halle) mit 16,98 m. Immerhin belegte Eltz bei den Vorjahresmeisterschaften in Rostock mit 17,03 Metern den vierten Platz, deutlich vor Shaun-Paul Fritzsche (16,07 m). In der aktuellen DLV-Bestenliste liegt der Hallenser mit 17,65 Metern bereits auf dem dritten Platz.

Hoffnung auf den Ausreißer nach oben
Während es unwahrscheinlich ist, dass jemand dem Duo Harpf/Fritzsche gefährlich werden könnte, dürfte der Kampf um den dritten Platz umso spannender sein. Sowohl Theodor Otto Eltz (17,65 m) als auch Maximilian Neukirchen (Bayer Uerdingen/Dormagen, 17,64 m) haben mit ihren bisherigen Weiten die besten Chancen auf die Bronzemedaille. Ambitionen auf einen Podiumsplatz hat aber auch Luis André. Mit seiner Leistung von 17,30 Metern belegt er in der DLV-Bestenliste Rang fünf und kann damit bei der Vergabe der Bronzemedaille ebenfalls ein Wort mitreden. Allerdings verliefen seine letzten Wettkämpfe nicht optimal, weshalb er sich unbedingt verbessern muss.
„Luis, der im Training beständig um die 17 Meter stieß, hat mehr Potenzial, als er bisher abrufen konnte. Was ihm fehlt, ist ein Ausreißer nach oben. Seine Fehler beim Abstoß sind leider zur Routine geworden, sodass Korrekturen nicht ganz einfach sind“, erklärte sein ehemaliger Trainer Alwin Wagner, der in den letzten beiden Wochen zweimal am Tag mit ihm in Felsberg trainierte. „Falls Luis in Koblenz seine Nerven im Griff hat und sein Abstoß gelingt, ohne dass er den Kreis nach vorn verlassen muss, dann könnte die Melsunger Kugelstoßhoffnung die Konkurrenz um den dritten Platz unter Druck setzen“, so Wagner.
Die Frage, wer bei der Siegerehrung als Bronzemedaillengewinner auf dem Treppchen steht, bleibt also spannend, denn nach seinem 16,89m-Stoß, am 18. Juli in Biberach an der Riß, muss man auch den Münchner Tim Weller auf der Rechnung haben. „Die Antwort wissen wir am Freitagabend gegen 19.00 Uhr. Dieser Wettbewerb wird auf YouTube ab 17.45 Uhr im Livestream/leichtathletik.de übertragen.“
Sicherheit und Selbstvertrauen
Obwohl Luis André in Chemnitz kaum mit der Scheibe trainiert, plant er in Koblenz auch einen Start im Diskuswerfen. Für diesen Wettbewerb, der am Samstagabend um 18 Uhr ausgetragen wird, haben 18 Jugendliche gemeldet, von denen bereits acht Athleten die 1,75kg-Scheibe über die 50m-Marke befördert haben. „Luis fehlt die Sicherheit und das Selbstvertrauen, aber wenn er an seine Bestleistung von 49,11 Meter herankommt, dürfte er das Finale erreichen“, sagte Wagner optimistisch, der auf den ersten drei Plätzen Kelson de Carvalho (Steinlach-Zollern), Ole Mehlberg (Neubrandenburg) und Cedric Engler aus Wiesbaden erwartet.
(ajw)