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Debatte mit Bundestagskandidaten: Lange, engagiert und heftig

juergen-stumpfFuldabrück-Bergshausen. Eine lange, engagierte und teilweise heftig geführte Diskussion über den richtigen Umgang mit der Wirtschaftskrise haben rund 140 Delegierte und Funktionäre der IG Metall Nordhessen am Samstag in Fuldabrück-Bergshausen mit vier Bundestagskandidaten geführt. Unter der Moderation der Journalistin Petra Nagel kamen Vertreter von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und der Partei Die Linke im Bürgerhaus mit den Gewerkschaftern ins Gespräch. Dabei ging es zeitweise hoch her. Laut wurde es vor allem, als FDP-Kandidat Björn Sänger sagte, es müsse ja nicht in jedem Unternehmen unbedingt auch einen Betriebsrat geben. Die CDU hatte, obwohl sie eingeladen war, keinen Vertreter geschickt.

Meßmer fordert mehr Mitbestimmung und faire Lastenverteilung
Vor Beginn der Diskussion stellte der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Nordhessen, Ullrich Meßmer, das Aktionsprogramm seiner Gewerkschaft vor. Es enthält vier Kernpunkte zum aktiven Handeln in der Krise. Die IG Metall fordert mehr Mitbestimmung in Betrieben und Unternehmen und will die Finanz- und Vermögensmärkte politisch regulieren. Außerdem sollen Vermögen zur Finanzierung der Krisenlasten herangezogen und ein erweiterter Rettungsschirm für Unternehmen der Realwirtschaft installiert werden.

Der Rettungsschirm soll nach Auffassung der Metall-Gewerkschaft im Rahmen eines öffentlichen Beteiligungsfonds mit mindestens 100 Milliarden Euro ausgestattet werden. Er soll für die  Unternehmessicherung und den Erhalt industrieller Strukturen sorgen. Außerdem müsse das Insolvenzrecht so ausgerichtet werden, dass es die Unternehmensfortführung erleichtert.

Laut Meßmer ist die Situation in der Metall- und Elektroindustrie „dramatisch“. In der Mehrzahl der Betriebe werde das Investitionsvolumen gekürzt. Eine Deflation könne derzeit nicht ausgeschlossen werden.

Reaktion auf die Krise: Steuern senken?
Nicole-MaischWie kann die Politik auf die Krise reagieren? Diese Frage stellte anschließend Moderatorin Petra Nagel an die Bundestagskandidaten Rainer Pfeffermann (SPD), Nicole Maisch (Bündnis 90/Grüne), Björn Sänger (FDP) und Nobert Domes (Die Linke). FDP-Mann Sänger pries als Antwort Steuersenkungen und ein „einfaches, gerechtes Steuersystem“ an, was im Saal Grummeln hervorrief. Applaus bekam die grüne Bundestagsabgeordnete Nicole Maisch, als sie Sänger parierte: „Das entlastet vor allem die, die viel verdienen.“ Wie Maisch forderte auch Rainer Pfeffermann eine bessere Bezahlung im unteren Lohnsektor. Außerdem will er eine längere Bezugsdauer von Arbeitslosengeld 1 durchsetzen, „mindestens 36 Monate lang“. Norbert Domes von den Linken trat für eine Anhebung den Hartz IV-Regelsatzes auf 500 Euro ein.

Renate Müller: „Altersteilzeit fortsetzen!“
In der anschließenden Diskussion meldeten sich zahlreiche Gewerkschafter zu Wort. VW-Betriebsrätin Renate Müller forderte ein klares Bekenntnis der Kandidaten zur Fortsetzung der geförderten Altersteilzeit. Die Altersteilzeit habe ermöglicht, dass bei VW ausreichend neue Auszubildende eingestellt worden seien. Dafür seien ältere Kollegen früher in Rente gegangen. Bei einem Betrieb wie Volkswagen, in dem es körperlich anstrengende Bereiche wie das Presswerk oder die Gießerei gebe, sei die geförderte Altersteilzeit für Jung und Alt von Vorteil.

Müllers Forderung wollten sich nur die Kandidaten von SPD und Linken anschließen. Björn Sänger (FDP) lehnte ab, und die Abgeordnete Maisch (Grüne) hat im Bundestag sogar selbst gegen die Fortsetzung der geförderten Altersteilzeit gestimmt. „Genau wie auch CDU und SPD“, wie sie betonte.

Jürgen Stumpf: „Wir müssen die Scherben der Party aufkehren“
„Wir müssen die Scherben der Party aufkehren“ – auf diese griffige Formel brachte der Betriebsratsvorsitzende von Volkswagen in Baunatal, Jürgen Stumpf, das Gefühl vieler Arbeitnehmer. Mit Angst vor Arbeitslosigkeit, Insolvenzen und Kurzarbeit trügen ausgerechnet die Menschen die Hauptlasten der Krise, die sie nicht verursacht hätte. Scharf kritisierte Stumpf das Ansinnen von CDU und FDP, die paritätische Mitbestimmung in Aufsichtsräten zu beschneiden. „Wir verhindern das Ärgste in den Unternehmen“, sagte Stumpf. Er forderte grundlegende Konsequenzen aus der Krise.

Wirtschaftskrise: Manager sollen mit Privatvermögen haften
buergerhausFDP-Kandidat Sänger erklärte die Krise kurzerhand zum „Bildungsproblem“. Ganze Generationen von Managern seien ausgebildet worden, ohne zu verstehen, „dass man mit Menschen umgeht“. Nicole Maisch warnte vor einer schwarz-gelben Regierung. „Dann wäre Mitbestimmung, wie wir sie kennen, radikal gefährdet.“ Die Liberalisierungen auf dem Finanzsektor unter der rot-grünen Regierung seien ein Fehler gewesen. Maisch forderte, dass Manager mit ihrem Privatvermögen für ihre Entscheidungen haften müssen. Eine Kerbe, in die auch SPD-Kandidat Pfeffermann schlug. „Manager müssen an ihrer Arbeit gemessen werden“, sagte er. Dass auf Finanzmärkten weiter spekuliert wird, ist für Linken-Kandidat Domes vor allem eine Frage von Interessen. „Die Spekulation hat ja eine Funktion, da findet eine Umverteilung von unten nach oben statt“, sagte er.

Ein gewisses Misstrauen sprach aus dem Diskussionsbeitrag der Vertrauenskörperleiterin bei der Firma Bode, Manuela Schilling. „Natürlich bin ich gegen Schwarz-Gelb“, sagte sie. „Aber SPD und Grüne haben Privatisierung und Deregulierung doch selbst angezettelt“. Die bange Frage: „Wie soll ich euch denn jetzt glauben?“

Umlage in Kraft setzen, falls Ausbildungsplätze fehlen
„Wahlen sind vielleicht doch nicht so uninteressant“, resümierte der Erste Bevollmächtigte der IG Metall, Ullrich Meßmer, nach der Diskussion. Er rief alle Teilnehmer dazu auf, sich überall da, wo es um ihre Interessen geht, auch einzumischen. Den Bundestagsbewerbern gab er noch eine klare Forderung mit auf den Weg: „Wenn es der Wirtschaft nicht gelingt, allen jungen Menschen einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen, dann muss das Umlagefinanzierungsgesetz in Kraft gesetzt werden.“ Es sieht vor, dass dann die Betriebe, die nicht ausbilden, zur Ausbildung in anderen Unternehmen einen finanziellen Beitrag leisten müssen.



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