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Borken blieb ohne „strahlende“ Zukunft

 

Das Model des AKWs Borken und der BI-Koffer (Koffer der Bürgerinitiative gegen das Atomkraftwerk) im Themenpark des Hessischen Braunkohle-Museums in Borken. Foto: Ingo Sielaff

Das Model des AKWs Borken und der BI-Koffer (Koffer der Bürgerinitiative gegen das Atomkraftwerk) im Themenpark des Hessischen Braunkohle-Museums in Borken. Foto: Ingo Sielaff

Borken. Am Sonntag stellten am Singliser See die drei Autoren Thomas Schattner, Rainer Scherb und Ingo Sielaff ihr neues Buch über das in Borken einst geplante Atomkraftwerk vor. Die Buchpräsentation fand auf dem Gelände am Küstenwachboot der Marinekameradschaft statt.

Europas leistungsstärkste Nuklearanlage

Der Veranstaltungsort war mit Bedacht gewählt, denn genau auf der gegenüberliegenden Uferseite des Sees waren das Betriebsgelände mit dem Reaktorgebäude, dem Kühlturm und dem Schornstein des KKW Borken geplant. In der nordhessischen Kleinstadt Borken sollte im 20. Jahrhundert eine der leistungsstärksten Nuklearanlagen Europas entstehen. Die Preußische Elektrizitäts-Aktiengesellschaft Hannover (PREAG) trieb das Kernkraftwerksprojekt seit den 1970er Jahren voran.

Der Energiekonzern begründete seine Pläne damit, die steigende Nachfrage der Bevölkerung nach elektrischer Energie sicherzustellen, den Strom kostengünstig zu produzieren und hochwertige Arbeitsplätze in der Region zu sichern.

Aufrüstung der Stromproduktion

In Borken, einem traditionsreichen Betriebsstandort des Energiekonzerns, erzeugte ein Braunkohlekraftwerk seit Jahrzehnten elektrische Energie. Das Kohlekraftwerk galt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als wichtigster Standort des preußischen Energieunternehmens und als bedeutender Knotenpunkt im überregionalen Stromverbundnetz. Jetzt sollte das neue Atomkraftwerk (AKW), verharmlosend Kernkraftwerk genannt, Borken diese Position übernehmen.

Als die Absicht bekannt wurde, ein Atomkraftwerk Borken zu bauen, löste dies bei zahlreichen Bürgern in Hessen und Südniedersachsen Befürchtungen und Widerstände aus. Zumal auch noch Borken, Homberg und Wabern als Standort für eine Wiederaufbereitungsanlage (WAA) und Borken für ein Atommüllzwischenlager im Gespräch waren.

Sprachrohr der Zivilgesellschaft

Anders als vom Energiekonzern erwartet, die im Braunkohlerevier von einer hohen Akzeptanz für das AKW-Projekt ausgegangen war, bildeten sich vielerorts Bürgerinitiativen und Protestgruppen, die als Sprachrohr der Zivilgesellschaft mit großem Engagement gegen die Atompläne Stellung bezogen – vor allem in den 1980er Jahren. Hier zeigten sich die gesellschaftlichen Veränderungen seit „1968“ ganz deutlich.

Nach Tschernobyl in den Schubladen verschwunden

Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vom 26. April 1986 verdeutlichte, dass die nukleare Technik Gefahrenpotentiale barg, welche die schlimmsten Alpträume bestätigten. Nach diesem „Größten anzunehmenden Unfall“ (GAU) verschwand das Atomkraftwerk Borken als erstes bundesdeutsches Atomprojekt in den Schubladen; die Pläne wurden jahrzehntelang zurückgestellt.

Im Nachhinein ein kluge Entscheidung: Denn wer wollte – falls das AKW Borken tatsächlich gebaut worden wäre, dass im Jahr 2022 eine Atomruine am Singliser See stünde. In diesem Jahr, so die Planungen, sollen die letzten bundesdeutschen Kernkraftwerke abgeschaltet werden.

Werk der Autoren dokumentiert „Atomkraft in Nordhessen“

Die Publikation dokumentiert die Ereignisse rund um das Atomkraftwerk Borken. Des Weiteren werden auch die WAA-Pläne für den Landkreis Waldeck-Frankenberg mit thematisiert. Schließlich gab es entsprechende Pläne, eine solche Atomfabrik in Wangershausen bzw. Wethen und Volkmarsen zu bauen. Dazu wurden von den drei Autoren Thomas Schattner, Rainer Scherb und Ingo Sielaff umfangreiche Quellen und zahlreiche Presseartikel gesichtet und ausgewertet, Fakten zusammengetragen und Zeitzeugen befragt.

Mehrere hundert Seiten Dokumentation

Das Kernkraftwerksprojekt und sein Scheitern spiegeln die gesellschaftliche Debatte um die Energieerzeugung wie in einem Brennglas wider. Vor mehr als fünf Jahren beschlossen die drei Autoren, Material über das geplante Atomkraftwerk Borken zu sammeln. Gleichzeitig war angedacht, mit diesen Dokumenten später eine Publikation zu veröffentlichen. Ursprünglich hatten die Autoren die Hoffnung, vielleicht in etwa 100 Buchseiten füllen zu können. Dass am Ende zwei Teilbände von mehreren hundert Seiten stehen würden, sowie ein Band, welcher die Berichterstattung der HNA dokumentiert, war Anfang des Jahres 2013 undenkbar.

Drei Bände „Atomkraft in Borken und Nordhessen“

Doch in den nächsten Jahren tauchten massenhaft Fotografien, Flugblätter, Flyer, Aufkleber, Broschüren, Buttons und vor allem Zeitungsartikel durch intensive Recherchen und gezieltes Nachfragen bei ehemals aktiven Atomkraftwerksgegnern auf, so dass das Borkener AKW-Projekt zu den wahrscheinlich am besten dokumentierten der Bundesrepublik gehören dürfte. Dazu kam das umfangreiche Material über die Wiederaufbereitungsanlagen (WAA) in Wabern, Borken und im Landkreis Waldeck-Frankenberg, die das Gesamtbild erst abrundeten.

Die drei Bände „Atomkraft in Borken und Nordhessen“ von Thomas Schattner, Rainer Scherb und Ingo Sielaff mit insgesamt 712 Seiten sind bei Createspace erschienen und können über Amazon zusammen für 26,80 € erworben werden.

(Thomas Schattner | Ingo Sielaff)

Demonstration gegen das AKW Borken im Jahr 1977. Archivbild: Thomas Schattner

Demonstration gegen das AKW Borken im Jahr 1977. Archivbild: Thomas Schattner



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Ein Kommentar zu “Borken blieb ohne „strahlende“ Zukunft”

  1. Markus Landgraf

    Ja, schade. CO2 freien Strom könnten wir jetzt gut gebrauchen.


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