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Pollenbach: Klopp’ in die Tonne, Mutti…

Von Tobias Knopp

Pollenbach. Aus unserer neuen Reihe „Innovative Geschäftsideen“ stellen wir Ihnen heute Eva-Maria Humbrecht (39) mit ihrer Agentur „Moses’ Baby-Service“ vor. Ihre Lebensaufgabe hat Evchen Humbrecht eher aus Zufall gefunden. Aus der Not geboren, entwickelte sich eine vage Geschäftsidee jedoch bald von einem Geheimtipp zu einem echten Kassenschlager. Besonders junge, gut situierte Damen stehen bei „Moses’ Baby-Service“ Schlange, um sich über das Dienstleistungsangebot zu informieren. Aber auch gestandene Männer gehören  zum expandierenden Kundenkreis von Frau Humbrecht. Und immer öfter legen werdende Väter in weiser Voraussicht einen lieb gemeinten Gutschein für ihre Herzensdame auf den weihnachtlichen Gabentisch.

„Der Bedarf an meinen Dienstleistungen wird ständig größer“, weiß Evchen Humbrecht. „Die Leute wollen heute nicht mehr völlig unvorbereitet vor dem Problem stehen, plötzlich Mutter oder Vater zu werden und gar nicht zu wissen, wie sie damit umgehen sollen. Sehen Sie, eine Elternschaft bedeutet ja auch eine deutliche Unbequemlichkeit, große finanzielle Einbußen und massive Einschränkungen der persönlichen Freiheiten. Ganz zu schweigen von der beruflichen Situation und dem unvermeidlichen EDEKA-Effekt (Anm.: Gemeint ist das „Ende der Karriere“). Und denken Sie bitte nur daran, dass Kinder das größte Risiko für Armut in unserer Gesellschaft sind. Das passt alles nicht mehr in die Lebenskonzepte der heutigen Zeit.“

Tatsächlich: Während Frau Humbrecht geduldig auf die Fragen von SEK-News antwortet, drängt bereits die nächste Interessentin mit einem stattlichem Acht-Monats-Bauch in ihre Agentur, die genau mit diesen Argumenten um die Unterstützung des Baby-Service bittet. Rita Kunz* fürchtet, besonders durch die Neuregelung der Erbschaftssteuer zu verarmen – wenn nicht geistig, dann doch wenigstens materiell. Denn sobald sie erst einmal Mutter geworden ist, werden für sie langfristig Abgaben in Höhe von vielen Millionen Euro fällig.  „Das kann man nur dadurch vermeiden, dass es schlicht und einfach keinen Erben gibt“, sagt sie.

Wer nun aber mutmaßt, nur wohlhabende Menschen zählen zu den Kunden der Agentur, irrt sehr. Humbrecht: „Ähnlich den Beratungsscheinen der Amtsgerichte für die kostenlose anwaltliche Rechtsberatung bei vorliegender Bedürftigkeit, stellen die zuständigen Jugendämter auf Antrag Berechtigungsscheine für Menschen mit geringem Einkommen aus. Dieser Personenkreis darf dann ohne weitere Zuzahlung unsere Leistungen in Anspruch nehmen.“

Und Humbrecht weiter: „Sicher ist Ihnen ja bekannt, dass die Jugendämter völlig überlastet sind und sich daher nicht mehr um jedes Einzelschicksal kümmern können. Das hängt mit der stark zusammengekürzten Personaldecke und den explodierenden Fallzahlen zusammen. Was liegt da also näher, als die Fallzahlen durch unsere Dienstleistungen zu minimieren? Überlegen Sie einmal, welche Folgekosten dem Steuerzahler erspart bleiben.“

Welche Angebote die Agentur “Moses’ Baby-Service“ im Einzelnen bereithält, schildert Evchen Humbrecht an ihrem soeben abgeschlossenen Fall: „Ja, da kam eine mit 31 Jahren vergleichsweise alte Kundin zu uns, nennen wir sie mal „Hanna“ aus „Huhu“. Ich habe ihr zunächst eine Übersicht über unsere wichtigsten Leistungen gegeben. Und unser Tätigkeitsfeld ist da weit gesteckt. Es umfasst insbesondere:

– Vertuschung von Schwangerschaften vor Arbeitgebern, Ehegatten und sonstigen Angehörigen
– Vermittlung falscher Identitäten bei der Krankenhausaufnahme zur Entbindung
– Fluchthilfe aus dem Krankenhaus
– Kindstötung durch Verbrühen unter der Dusche, Erfrieren durch achtloses Entsorgen unter einer Parkbank oder wahlweise der Endlagerung in einem Mülleimer bei Frost, sowie Ersticken, Totschlagen, zu Tode schütteln, gegen eine Wand werfen (Sonderleistungen wie Herbeiführung des Säuglingstodes durch Unterlassen, namentlich Verhungern oder Verdursten sind wegen des höheren Zeitaufwandes zuschlagpflichtig )
– Opferentsorgung in Biotonne, Komposthaufen, Müllsack, Gefriertruhe, Blumenkübel, Erdbeerbeet oder in öffentlichen Forst- und Grünanlagen
– Aktive Tatvertuschung durch Spurenbeseitigung und Beschaffung eines stichfesten Alibis
– Bereitstellung von gekauften Zeugen und Falschaussagen
– Betreuung in der Untersuchungshaft, einschließlich der Versorgung mit einem Handy, Drogen, Alkohol und gegen Aufpreis eines belastbaren Hanfstricks, die anwaltliche Beratung und Verteidigung vor Gericht, einschließlich des mehrmaligen Abspielens der Evergreen-CD „Ich habe doch eine unglaublich schwere Kindheit gehabt“ vor dem Staatsanwalt und dem vorsitzenden Richter
– Einsatz eines staatlich geprüften Hypnotiseurs mit dem Ziel der aktiven Gehirnwäsche des hohen Gerichts
– Antrag auf Haftentschädigung und Wiedergutmachung nach dem Opferentschädigungsgesetz für den Fall, dass die Untersuchungshaft das eigentliche Strafmaß übersteigt
– Öffentliches Weinkrampfen, optional die medienwirksame Bekanntmachung der Mitteilung „Ich habe das doch alles nicht gewollt“ (Krokodilstränen sind aus artenschutzrechtlichen Gründen  zuschlagpflichtig)
– Hilfe bei der Konzeption und Vermarktung der Memoiren, einschließlich des Copyright-Managements
– Terminverwaltung für Gastauftritte in Fernseh-Talkshows, inkl. eines Premium-Interviews mit Maybrit Illner“

Hanna aus Huhu habe sich leider lediglich für das Service-Paket „Rumpelstilzchen“ entschieden. „Da war dann auch nur die Schwangerschaftsvertuschung, die Nummer mit der falschen Identität und der Flucht aus dem Krankenhaus sowie die anwaltliche Vertretung mit dem Antrag auf Haftentschädigung dabei. Sogar das Kind wollte sie selber umbringen, das dämliche Luder. Hat sie dann auch gemacht, durch billiges Ersticken. So etwas geiziges… Hinterher hat sich sie aber doch noch für die Sonderleistung „Gehirnwäsche des vorsitzenden Richters“ entschieden. Wenigstens das hat ja gut geklappt. Wenn nur der Staatsanwalt nicht so bockig gewesen wäre…“

„Nicht mal ihr Buch hat sie in den paar Monaten U-Haft fertig gekriegt, die hohle Nuss. Die lag nur den ganzen Tag in der Zelle herum und hat den Kinderkanal geguckt. Maybrit Illner hat übrigens schon abgewunken. Glauben Sie mir, manchmal hasse ich meinen Job. Aber wie man hört, ist Hanna schon wieder schwanger. Ich sage ja immer: Wenn der Laden erst mal richtig läuft, flutschen auch die Folgeaufträge ganz von alleine“, sagt Humbrecht.

„Manchmal kommen übrigens auch welche, die wollen ihren Säugling gar nicht töten lassen. Denen verkaufen wir dann das Sorglos-Paket „Hänsel & Gretel“. Dabei exportieren wir die Ware nach Ost-Europa, wo sie als Hauptdarsteller in den brutalsten Kinderpornos sehr schön zur Geltung kommen. Das hat dann nicht so etwas endgültiges für die leiblichen Eltern. Außerdem können sie sich den Film wann immer sie wollen über das Internet herunter laden und einfach mal nachschauen, was ihr kleiner Liebling so macht. Wenn Sie wüssten, wer da so alles zu unseren Kunden zählt, Sie würden staunen…“

Erneut öffnet sich die Tür des Agenturbüros. Diesmal tritt ein Herr mittleren Alters in einer schwarzen Soutane ein. Er möchte fragen, wann Evchen Humbrecht denn wohl mal Zeit für seine Haushälterin hätte. Nach einem kurzen Gespräch nickt der Herr heftig und verlässt ohne ein weiteres Wort den Raum.

„Das Leben geht manchmal seltsame Wege, gell Herr Pfarrer?“, ruft ihm Evchen Humbrecht augenzwinkernd durch die noch halb geöffnete Tür hinterher. Das klingt aus ihrem Mund durchaus ein wenig spöttisch. „Ja“, gluckst sie vor sich hin, „ich sage ja immer: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Humor, Ironie, Sarkasmus oder was auch sonst hier noch regiert – Spaß hat Evchen Humbrecht an ihrem Job allemal.

Apropos: Manchmal frage ich mich, wie traurig und krank muss eine Welt sein, wenn die Perversität des bitteren Sarkasmus einzig von der Realität übertroffen wird? Eine Antwort auf die Frage steht noch aus. Aber die Chancen, es heraus zu finden, steigen mit jedem Tag…

*Name von der Redaktion geändert

Bild 1 (TK): „Ich drück Dich jetzt ganz fest an mich, kleine Maus, und wenn Du keine Luft mehr kriegst, pfeifst Du…“

Bild 2 (TK): „Finanzielle Einbußen, Einschränkung der persönlichen Freiheit, Unbequemlichkeit – Kinder passen nicht in die heutigen Lebenskonzepte“



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