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Stolpersteine erinnern an Schicksale

Künstler Gunter Demnig am 24. Mai zur nächsten Aktion in Felsberg

Sie wollen an die jüdischen Familien Weinstein und Adler mit Stolpersteinen erinnern, hier vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Weinstein, Quergasse 4: (v.l. vorne) Inka Laessing (Leh-rerin, Fuldatalschule Melsungen), Nele Warlich, Isabel Geiser, Marie Schmidt, Jonathan Frei-both, Svenja Emde, Alina Itze, Erika Mönig (Lehrerin, Drei-Burgen-Schule), (hinten v.l.) Marc Kiefner, Jonas Lauterbach, Adrian Wewecke und Cedric Müller. Foto: nh

Sie wollen an die jüdischen Familien Weinstein und Adler mit Stolpersteinen erinnern, hier vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Weinstein, Quergasse 4: (v.l. vorne) Inka Laessing (Leh-rerin, Fuldatalschule Melsungen), Nele Warlich, Isabel Geiser, Marie Schmidt, Jonathan Frei-both, Svenja Emde, Alina Itze, Erika Mönig (Lehrerin, Drei-Burgen-Schule), (hinten v.l.) Marc Kiefner, Jonas Lauterbach, Adrian Wewecke und Cedric Müller. Foto: nh

Felsberg. Während der  Zeit des Nationalsozialismus litten die Felsberger Juden immer stärker unter antise-mitischen Repressionen. 1933 hatte die Felsberger jüdische Gemeinde etwa 100 Mitglieder, stellte damit fast neun Prozent der Einwohner. Ende 1939 zählte Felsberg keine jüdischen Bewohner mehr. Die jahrhundertelange Geschichte der Felsberger Juden war damit beendet. Diskriminierungen, Misshandlungen und Ausgrenzungen hatten viele Menschen jüdischen Glaubens zu Flucht und Auswanderung gezwungen. Am Ende stand für die, die nicht mehr rechtzeitig fliehen konnten, der Tod in den NS-Vernichtungslagern.

Nachdem vor zwei Jahren die ersten Stolpersteine in Felsberg zur Erinnerung an Malchen, Isaak und Siegmund Kruk verlegt wurden, wird die Aktion nun fortgeführt. Die Initiative zur Verlegung der ersten Steine hatten Schülerinnen der Radko-Stöckl-Schule gemeinsam mit ihrer Lehrerin Ulla Suck-Sartoris, unterstützt durch die Leiterin des Felsberger Mädchentreffs, Steffi Hoffmann, ergrif-fen. Bei der Verlegung vor dem Haus in der Obergasse versprach der damalige Schulleiter der Drei-Burgen-Schule, Dr. Dieter Vaupel, diese Aktion mit Schülern der Felsberger Gesamtschule fortzu-führen. Nach Abschluss der Vorbereitungsarbeiten ist es nun soweit: Am 24. Mai ab 9.00 Uhr sollen vier weitere Stolpersteine vor dem Haus in der Quergasse 2 für die Familie Weinstein verlegt wer-den und drei vor dem Haus in der Untergasse 2, der heutigen Eisdiele, in dem ehemals die Familie Adler lebte. Der Künstler Gunter Deminig, der mit diesem Projekt europaweit aktiv ist, wird nicht nur die Stolpersteine selbst mit Unterstützung des städtischen Bauhofs verlegen, sondern auch noch am Abend des 23. Mai um 19.30 Uhr zu einem Vortrag in der Synagoge – „Stolpersteine – Spuren und Wege“ – zur Verfügung stehen.

Schüler der 9. und 10. Klassen der Drei-Burgen-Schule setzen sich zur Zeit intensiv mit der Juden-verfolgung in Felsberg und dem Schicksal der Familien Weinstein und Adler auseinander. Auch Schüler der Fuldatalschule Melsungen beschäftigten sich mit dem damaligen und heutigen jüdi-schen Leben in Felsberg. Unterstützt wird die geplante Aktion durch die städtischen Gremien sowie durch Bürgermeister Volker Steinmetz. Am Morgen des 24. Mai werden Schülervertreter der DBS zunächst gemeinsam mit dem neuen Schulleiter Karl-Werner Reinbold begrüßen und in die Thema-tik einführen. Dann steht das Schicksal der einzelnen Familienmitglieder, für die die Steine verlegt werden, im Mittelpunkt. Schüler erinnern an jeden Einzelnen. Zu der Verlegeaktion und zum Vor-trag Demnigs am Vorabend sind alle Interessierten eingeladen. Der Eintritt ist frei, eingehende Spenden sollen für die nächsten Stolpersteine verwandt werden. Die Stolpersteine, die jetzt ver-legt werden, wurden durch die Drei-Burgen-Schule, die Fuldatalschule Melsungen und die Initiative Stolpersteine Spangenberg finanziert, der Vortag von Demnig ist durch Unterstützung der Sparkassen-Kulturstiftung ermöglicht worden.

Familie Weinstein – auseinandergerissen

Das einzige noch existierende Foto. Max Weinstein wurde er 23-jährig in Auschwitz im März 1944 ermordet. Foto: nh

Das einzige noch existierende Foto. Max Weinstein wurde er 23-jährig in Auschwitz im März 1944 ermordet. Foto: nh

Die Familie Weinstein wurde während der Zeit des Nationalsozialismus völlig auseinandergerissen. Schon Ende der 20-er Jahre hatte die Familie schwere Schicksalsschläge zu ertragen, nach 1933 en-dete ihre Zeit in Felsberg schließlich in einer absoluten Katastrophe. Vater Isidor Weinstein, ein Bruder Robert Weinsteins, der beim Novemberpogrom 1938 ums Leben kam, starb bereits im Jahr 1928 als 49-Jähriger. Im gleichen Jahr starb auch seine damals gerade 16-jährige Tochter Johanna. Mutter Emma Weinstein, geb. Speier, stammte aus Züschen. Bei der Geburt ihres ersten Kindes Ida (*1910) war sie 27 Jahre alt, Vater Isidor zwei Jahre älter. Im Laufe der nächsten acht Jahre bekam Ida noch drei Geschwister: Johanna (*1912), Siegward (*1914) und den Nachkömmling Max (*1920).

Beginnend mit dem Jahr 1933 ging der Weg der Familie in unterschiedliche Richtungen. Ida zog be-reits 1933 nach Hamburg, kehrte dann aber nach kurzer Zeit wieder nach Felsberg zurück und ver-ließ den Ort endgültig Richtung Leipzig. Von dort aus wurde sie 1941 nach Riga deportiert, wo ihr Lebensweg endete. Der jüngste Sohn der Familie, Max, zog in die Niederlande, wo er als Landar-beiter lebte, in der Hoffnung den Verfolgungsmaßnahmen zu entgehen. Doch 1943 wurde er zu-nächst in das  Konzentrationslager Herzogenbusch eingewiesen und am 31. März 1944 in Auschwitz ermordet. Siegward wanderte 1936 nach Buenos Aires aus. Er hatte noch rechtzeitig erkannt, dass es in Deutschland für Juden gefährlich wurde. Seine Geschwister hätte er gerne nach Argentinien nachgeholt, er stand mit ihnen in Briefkontakt. Aber beide lehnten ab. Nur seine Mutter Emma wagte den Schritt nach Argentinien. Ende 1939 verließ Emma Weinstein als letzte der ehemals sechsköpfigen Familie Felsberg und folgte ihrem Sohn nach Buenos Aires.

Die Familie Adler – ausgelöscht
Drei Generationen, Hannchen Adler (*1863), ihre Tochter Rosa (*1904) und deren Sohn Dieter (*1935), wurden durch die Nationalsozialisten ermordet. Hannchen war mit Daniel Adler verheira-tet, lebte aber in den 1930er Jahren allein. Tochter Rosa war nicht verheiratet. Wer der Vater von Rosas 1935 geborenem Sohn Dieter war, ließ sich nicht ermitteln. Für die beiden ohne Ehemann in Felsberg lebenden Frauen mit dem unehelich geborenen Dieter war es in der damaligen Zeit sicher nicht einfach zu überleben. Zu ihrer jüdischen Herkunft kamen weitere Erschwernisse und fehlen-de soziale Akzeptanz. Damit waren sie in dieser Zeit doppelt stigmatisiert.

Hannchen, Rosa und Dieter Adler hielten es trotz der immer schwieriger werdenden Bedingungen lange in Felsberg aus. Sie gehörte zu den 18 Juden, die in Felsberg noch die schlimmen Übergriffe des 8. Novembers 1938 ertragen mussten. Schließlich flohen sie 1939 in die größere Anonymität Kassels. Ende 1941 wurde Rosa mit ihrem Sohn Dieter nach Riga deportiert. Die damals bereits 78-jährige Großmutter blieb zunächst allein zurück, bevor auch sie in die Vernichtungsmaschinerie der Nationalsozialisten geriet und 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde. Am Ende wurde die komplette Familie, drei Generationen, ausgelöscht. Hannchens Spuren verlieren sich im Vernich-tungslager Treblinka, Dieter starb vermutlich in Riga und seine Mutter Rosa wurde von dort noch weiter in das KZ Stutthof verschleppt, wo sie als verschollen gilt. (Dr. Dieter Vaupel)



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2 Kommentare zu “Stolpersteine erinnern an Schicksale”

  1. rodolfo weinstein

    BUENAS TARDES SOY HIJO SE SIEGWARD WEINSTEIN Y QUISIERA SABER SI HAY MAS INFORMACION
    DESDE ARGENTINA LO SALUDO Y AGRADEZCO DESDE YA

  2. rodolfo weinstein

    HIJO DE SIEGWARD WEINSTEIN


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