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Heimatfreunde öffnen Friedhofspforten zum 125-Jährigen

heimatfreunde1Gudensberg. Die Grabsteine vom Moos befreien: Das war das Vorhaben. Mit Wasserschüssel und Bürste machten sich die Mitglieder der Gudensberger Heimatfreunde daran. Akribisch bearbeiteten sie jeden Quadratzentimeter der einzigartigen, historischen Grabmale auf dem alten Friedhof der Schlossbergstadt. Stück für Stück traten die individuell gefertigten Reliefe auf den imposanten, mannshohen Steinen wieder im alten Glanz hervor. „Die Szenen berichten von manch tragischem Todesfall vor rund 400 Jahren“, erläutert Heinrich Schmeißing als 1. Vorsitzender des Vereins.

Zum 125-jährigen Jubiläum der Gudensberger Heimatfreunde hatten die Frauen und Männer der Geschichtsgruppe Ende August zur Besichtigung auf den alten Friedhof eingeladen. „Nun öffnen wir noch einmal die Pforten für geführte Touren zu den beschilderten Grabmalen“, berichtet Schmeißing. Parallel zur Tour de Chattengau ist am 13. September der alte Friedhof am Obertor von 10 bis 17 Uhr am Tag des offenen Denkmals zu bestaunen. Auch das Kulturhaus Synagoge und der Käsekeller sind dann geöffnet. „Die Geschichte, in die Besucher auf dem alten Friedhof eintauchen können, nimmt gefangen“, weiß Schmeißing.

Traurig ist beispielsweise das Schicksal der in 1657 verstorbenen Martha Briede. Der letzte Gang des 19-jährigen Mädchens führte in den Keller. Von dort kehrte es niemals mehr zurück. Martha Briede starb am „Bierdunst“. Das ist im Kirchenbuch  vermerkt. „In dieser Zeit gab es eine städtische Brauerei, die das Bier in Bottichen an die Bürger auslieferte. Im Keller gährte das Gebräu nach. So entstanden giftige Gase, an denen das Mädchen beim Bierholen starb“, erklärt Schmeißing.

heimatfreunde2Ihr Grabmal zeigt Martha Briede in üppigem Gewand, mit Rose und einer Totenkrone. Wahrscheinlich wurde die junge Frau genau so bestattet. „Neben Martha Briedes Schicksal finden sich noch weitere außergewöhnliche Todesfälle“, erzählt Schmeißing. Von 1548 bis 1894 fanden Bestattungen auf dem alten Friedhof statt. Insgesamt 17 prächtige Grabsteine sind heute erhalten. „13 davon für landgräfliche Beamte, Bedienstete und deren Familien. Deshalb sind die Grabsteine auch so außergewöhnlich“, erklärt der Vereinsvorsitzende.

Aber nicht nur um diese haben sich die Heimatfreunde bemüht, in Kooperation mit der Stadt auch um die Reste der historischen Stadtmauer, die auf dem alten Friedhof zu sehen sind. Zum Jubiläum des Vereins wurde jetzt eine Informationstafel angebracht. Ein neuer Treppenaufgang führt zum Gemäuer. Und demnächst wird durch Initiative der Heimatfreunde auch die viele Jahre fehlende Metallverzierung am Ehrenmal für die Opfer des 1. Weltkrieges wieder erneuert. Für das kommende Jahr ist außerdem die Herausgabe einer Broschüre zum alten Friedhof geplant. Dieter Giese arbeitet daran.

Vor allem Projekte sind es, die die Gudensberger Heimatfreunde heute auszeichnen. Das hatte Schmeißing schon in seiner Ansprache beim Festakt zur 125-Jahrfeier des Vereins am Samstag, den 29. August im Gudensberger Bürgersaal deutlich gemacht. Rund 150 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Vereinen hatten an der Geburtstagsfeier mit Ausstellung zu Stadt und Menschen teilgenommen.

Gemeinsam mit Gudensberger Bürgern hat der Justizrat Karl Brunner im Jahre 1884 den Verein nämlich zunächst als Touristen und Verschönerungsverein gegründet. Aus diesem gingen die heutigen Heimatfreunde hervor. Schon im Gründungsjahr hatte der Verein 137 Mitglieder, etwa so viele Ambitionierte wie heute und gehörte zu den aktivsten Sektionen des Niederhessischen Touristenvereins. Erste Aktivitäten waren Wegemarkierungen zum Odenberg, Scharfenstein, Maderstein, Lambsberg, Wachenköpfchen und zur Obernburg. In 1885 wurde der Aussichtsturm auf dem Odenberg errichtet, 1939 ersetzt und 1982 bis 1984 wiederhergestellt und aufgestockt. 1982 gründete sich auch die Geschichtsgruppe.

Seither haben die Heimatfreunde einige Veröffentlichungen herausgebracht, organisieren regelmäßig Vortragsveranstaltungen und Ausstellungen, arbeiten immer wieder an verschiedenen Projekten und helfen auch dabei, wenn zum Beispiel Menschen aus Australien, den USA, Manila oder Frankreich nach ihren Ahnen in Gudensberg suchen.
„Viel erforscht, viel getan und das alles ehrenamtlich“, lobte Bürgermeister Dr. Edgar Franke das Engagement der Heimatfreunde und die Zusammenarbeit von Verein und Stadt. Franke erwähnte den erarbeiteten Wanderführer, den Altstadtführer, die Sanierung der Stadtmauer und die Symbolfigur, den Gudensberger Trommler, der für den Erhalt der Stadtmauer angetreten sei und heute für Gudensberg an der Deutschen Märchenstraße werbe.

Der Urenkel des Vereinsgründers, Karl-Hermann Wegener, war es dann, der die Festrede zum 125. Geburtstag hielt: Der Chattengau als Wiege Hessens.

Eine Ausstellung über die Aktivitäten des Vereins ist zurzeit in den Schaufenstern des ehemaligen Kaufhauses Trossbach in der Untergasse zu sehen.



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