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Senioren-EM: Holzapfel möchte Bestzeit laufen

Hella Böker und Harry Geier mit Medaillen-Chancen

Zittau. Zwei Wochen nach den Olympischen Spielen in London finden an der Mündung der Mandau in die Lausitzer Neiße, dort wo die Grenzen Deutschlands, Polens und Tschechiens aneinander stoßen, die Senioren-Europameisterschaften statt.  Vom 16. bis zum 25. August  misst sich im Dreiländereck Zittau  (Deutschland), Bogatynia/Zgorzelec (Polen) und Hradek (Tschechische Republik) nicht die Jugend Europas ihre Kräfte, sondern Athleten zwischen 35 und 97 Jahren. Zum zweiten Mal nach Potsdam im Jahr 2002 werden über 3800 Athletinnen und Athleten aus 39 europäischen Ländern ihre kontinentalen Meister wieder einmal in Deutschland ermitteln.

Das größte Kontingent der Aktiven stellt das Gastgeberland Deutschland (1.409). Mit dabei sind über 400 Aktive, die erstmals an einer internationalen Senioren-Leichtathletikmeisterschaft teilnehmen. Die Tschechische Republik (241) sowie Großbritannien und Nordirland (226) schicken ebenfalls eine große Anzahl Athleten. Unter den 10 teilnehmerstärksten Nationen befinden sich auch Italien (218), Nachbarland Polen (175), Russland (168), Frankreich (166), Spanien (165), Finnland (102) und die Niederlande (97).  Insgesamt wurden für diese 18. Meisterschaften 7.813 Meldungen abgegeben. Die Vereinsfarben der MT 1861 Melsungen werden von den erfolgreichen Altersklassensportlern Hella Böker, Harry Geier und Dr. Uwe Holzapfel vertreten.  Hella Böker, die Grande Dame der deutschen Senioren-Leichtathletik, hat quasi „ein Heimspiel“. Vor fast 71 Jahren erblickte sie in Pethau, heute ein Stadtteil von Zittau das Licht der Welt und verbrachte dort bis zum Kriegsende die ersten Jahre ihrer Kindheit.

An zehn Wettkampftagen wird um gute Platzierungen, Zeiten, Weiten und Höhen gekämpft. Für die Mehrheit der Starter ist die Qualifizierung für den Endlauf oder den Endkampf das höchste Ziel bei dieser EM.  Sie wissen, dass die Medaillen für andere bestimmt sind,  aber dennoch ist die Zahl der Medaillenanwärter größer als die Zahl der Medaillen, die ausgegeben werden. Im Geichmaß der Kräfte der Besten liegt zugleich die Würze und das Fragezeichen. Über erfüllte oder enttäuschte Medaillenhoffnung entscheidet vielleicht nur eine Hundertstelsekunde, nur ein Zentimeter oder zwei. Es sollten deshalb nach dieser Senioren-EM nicht nur die Medaillen gezählt, sondern auch die Leistungen gewertet werden.

Gut vorbereitet und leistungsstark fährt das MT-Trio nach Zittau. Während bei den beiden Läufern aus Melsungen für diese EM zunächst die Grundlagenausdauer und später die Tempoläufe im Vordergrund standen und in den letzten Tagen Regeneration angesagt war,  testete Hella Böker ihre Form in den letzten beiden Wochen bei den Leichtathletik-Veranstaltungen in Dietzhölztal und Neukirchen.

Während Melsungens erfolgreichste Seniorin sechs Wettbewerbe absolviert,  meldete Harry Geier nur für die 200 und 400 Meter.  Dr. Uwe Holzapfel aus Stuttgart, der seit fünf Jahren für die MT 1861 Melsungen startet,  versucht am 20. August im 3000m Hindernislauf  nicht nur seine persönliche Bestzeit von 12:38 Minuten zu unterbieten.  Der Rechtsanwalt für Wirtschaftsstrafsachen möchte gern als viertbester deutscher Hindernisläufer vor den Briten Alan Roberts ins Ziel kommen und dem Belgier Luc van de Vreken so lange wie möglich einen spannenden Zweikampf liefern.

Für Hella Böker beginnt am 18. August das Unternehmen „Senioren-EM“ mit dem Kugelstoßen.  Die Organisatoren dachten vielleicht, dass die „älteren Semester“ nicht mehr soviel Schlaf benötigen und setzten fast durchweg die Wettbewerbe der W70 um 9 Uhr in der Frühe an.  Das bedeutet, dass für die Starter die Nacht bereits um 5 Uhr vorüber ist.  Sicherlich für die meisten Athleten eine gewaltige Umstellung.

Mit Tamara Danilova aus Russland, die sich bei der Hallen-WM in Finnland mit 10,51 Meter die Goldmedaille sicherte, steht die neue Europameisterin der W70 eigentlich schon fest.  Wer aber kommt für Silber und Bronze in Frage?  Die Britin E. Williams, die in Jyväskylä mit 9,98 Meter den zweiten Platz belegt hatte, gab für diese EM keine Meldung ab. Hella Böker, die bei den letzten beiden Sportfesten mit Weiten über neun Meter noch einmal vor ihrer Abreise auftrumpfte, ist sicherlich in der Lage, ihre Leistung von 9,25 Meter, die ihr bei der Hallen-WM die Bronzemedaille einbrachte, zu wiederholen.  Aber sie muss Monika Bernert (9,42 m) und Ingrid Holzknecht (8,96 m) mit auf der Rechnung haben, denn beide Seniorinnen sind für eine Überraschung gut.

Einen Tag später findet die Entscheidung im Hammerwerfen statt.  Helvi Erikson aus Estland, die bei der Winterwurf-WM Hella Böker (30,42 m) mit drei Zentimeter auf Bronze verdrängen konnte, machte mit einem Wurf von 35,06 Meter auf sich aufmerksam und liegt nur um wenige Zentimeter hinter der Favoritin Gudrun Mellmann aus Hamburg, die sich bei den deutschen Meisterschaften in Erfurt mit 35,33 Meter vor Hella Böker (31,25 m) den Titel holte.  Die Melsunger Athletin meldete nach ihrem Wettkampf in Dietzhölztal, wo sie 33,51 Meter erzielte, gerade zur rechten Zeit Ansprüche auf die Bronzemedaille an.

Beim Speerwerfen, das am 20. August ohne die Weltmeisterin Evaun B. Williams aus Großbritannien stattfindet, gibt es in dem 13-köpfigen Feld keine klare Favoritin. Die Ungarin Eva Kerteszne scheint mit ihren 27,56 Meter noch die besten Karten zu haben. Hella Böker, die bei der Winterwurf-WM als Zweite auf 28,55 Meter kam, sicherte sich bei den deutschen Seniorenmeisterschaften in Erfurt hinter Christa Helmke aus Potsdam (25,85 m) mit 25,74 Meter die Silbermedaille.  Sollte sie die Ergebnisse von ihren letzten Sportfesten bestätigen, könnte sie als ernsthafte Gegnerin für die Ungarin angesehen werden und ihr das Siegen schwer machen.

Auch im Diskuswerfen, das als einziger Wettbewerb um 13 Uhr ausgetragen wird, werden Erinnerungen an frühere Zeiten wach, denn mit Tamara Danilova aus Russland und Karin Illgen aus Leipzig haben zwei Diskuswerferinnen gemeldet, die 1969 mit Erfolg an den Europameisterschaften in Athen teilgenommen hatten.  Während Tamara Danilova, die heute in Petersburg wohnt, vor 43 Jahren mit 59,28 Meter siegte, sicherte sich Karin Illgen mit 58,66 Meter die Bronzemedaille. Dritte im Bunde der großen Drei ist die Melsunger Seniorin, die bereits als Zwanzigjährige an den Europameisterschaften 1962 in Belgrad teilnahm.

Tamara Danilova, die vor zwei Jahren in der Altersklasse der W70 mit 33,55 Meter den Weltrekord aufstellte, wurde vom russischen Leichtathletik-Verband für diese WM mit 29,30 Meter gemeldet.  Wie weit Karin Illgen gesundheitlich wieder hergestellt ist, lässt sich nur vermuten.  Die ehemalige Weltrekordhalterin mit 63,66 Meter, die mit 60,30 Meter als dritte Werferin der Welt die 60m-Marke übertraf, steht mit 27,78 Meter in der Meldeliste auf Rang zwei.  Mit 26m-Weiten folgen die deutsche Seniorenmeisterin Ingrid Holzknecht aus Elmhorn und Hella Böker.  Wenn die Athletin aus Fuldabrück erst an vierter Stelle genannt wird, heißt das nicht, dass ihr wenig zugetraut wird. Im Gegenteil:  Bei den Landesmeisterschaften in Rüsselsheim siegte sie im Regen souverän mit 26,91 Meter. Und auch beim Abschlusstest in Neukirchen überzeugte sie mit 26,58 Meter.  Damit legte sie eine erfreuliche Konstantheit mit Würfen über 25 Meter an den Tag.  Wichtig für sie wäre in diesem Wettbewerb bereits im ersten Wurf eine Klasseweite vorzulegen, um auf diese Weise die Nervosität zu bannen und die Konkurrenz im Kampf um Silber in Person von Ingrid Holzknecht und Helvi Erikson in die Schranken zu weisen.

Vor einem Jahr zum gleichen Zeitpunkt wäre die Frage nach der Senioren-Europameisterin in der W70
Im Gewichtwerfen nicht so schwer zu beantworten gewesen wie heute. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Gudrun Mellmann eine Vormachtstellung gesichert.  Jetzt ist die Situation so, dass am 22. August um 9 Uhr die Estin Helvi Erikson mit 13,86 Meter vor der mehrfachen Weltmeisterin aus Hamburg (13,20 m) als Favoritin an den Start gehen wird. Und wieder ist es Ingrid Holzknecht aus Elmshorn, die mit ihren 12,31 Meter einen Kampf um die Bronzemedaille gegen Hella Böker (11,39 m) angesagt hat.

Am 23. August wird die vielseitigste Werferin Europas im Werfer-Fünfkampf ermittelt.  Zu Recht hat Hella Böker vor ihrer Abreise nach Zittau gesagt, dass sie sich keineswegs als Favoritin für den Werfer-Fünfkampf fühle.  Es könnte um Zentimeter bzw. um wenige Punkte gehen, wenn die Medaillen verteilt werden.  Ihre Freundin Gudrun Mellmann und die Estin Helvi Erikson, die sicherlich ihre Stärken im Hammer- und Gewichtwerfen ausspielen werden, haben aber auch Schwächen –  vor allem im Speerwerfen.  Aber beide Werferinnen könnten für den Sieg in Frage kommen. Es wäre deshalb keine Überraschung; aber es ist keineswegs so, dass sie unverwundbar wären. Wenn Hella Böker, die diesen Vielseitigkeitswettbewerb zum ersten Mal 1996 in Malmö gewinnen konnte und den Sieg in Jyväskylä (2000) und Arhus (2004) wiederholte, gesund über die Runden kommt und ihre Beine von den vorausgegangenen fünf Wettkämpfen nicht zu schwer sind, könnte sie für Gudrun Mellmann und Helvi Erikson eine Gefahr darstellen.  Die gesunde Mischung von Routine, Kampfkraft und Tagesform wird an diesem Tag sicherlich den Ausschlag geben.

Am 20. August startet Harry Geier in einem der drei Vorläufe über 400 Meter in der Altersklasse der M75.  Der Melsunger Juwelier müsste sich trotz gesundheitlicher Probleme leicht und locker für das Finale qualifizieren können. Ob er allerdings am nächsten Tag noch stärkere Schmerzen hat, wird sich nach diesem Vorlauf zeigen. „Ich habe immer noch Probleme mit meiner Achillessehne und weiß im Augenblick noch nicht, ob ich zwei harte Läufe innerhalb von 24 Stunden durchhalte“, sagte Geier. Aber mit seiner Erfahrung und seiner Fähigkeit, im entscheidenden Augenblick über sich hinauswachsen zu können, dürfte er auch im Finale um die Medaillen mitlaufen. Der 76-Jährige ist ein Muster an Beständigkeit und gilt in Insider-Kreisen nach seinen beiden eindrucksvollen Siegen bei den deutschen Meisterschaften, in der Halle mit  72,18 und im Freien mit 73,37 Sekunden, sogar als Anwärter auf die Goldmedaille.  Allerdings sind neben den beiden deutschen Startern  Karl-Heinz Neumann und Horst Hufnagel auch die beiden Briten Tony Bowman (73,00 Sek.) und Alan Carter nicht zu unterschätzen.

Obwohl Harry Geier auch für die 200 Meter gemeldet hat, wird er aufgrund der vorausgegangenen 400m-Läufe auf die 200m-Distanz verzichten und sich ganz auf die 4x400m-Staffel konzentrieren. Mit  Karl-Heinz Neumann, Horst Hufnagel, Harry Geier und Karl-Heinz Buss hat das deutsche Quartett  eine große Chance, die starken Briten zu bezwingen und am Schlusstag noch einmal Gold einzufahren. (ajw)



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