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Drohnenflug für Kitze und Rebhühner

Um während der Feldarbeit Unfälle mit Tieren zu vermeiden, spürte eine Drohne auf, was sich im »Unterholz« verbarg. Foto: LLH
Um während der Feldarbeit Unfälle mit Tieren zu vermeiden, spürte eine Drohne auf, was sich im »Unterholz« verbarg. Foto: LLH

Bad Zwesten. Wer am Samstagabend einen Spaziergang auf Gemeindegebiet unternommen hatte, konnte beobachten, wie mit modernster Technik eine Wiese nach versteckenden Tieren abgesucht wurde.

Jährlich 100.000 „ausgemähte“ Jungtiere

Viele Landwirte warten derzeit auf stabiles Heuwetter. In vielen Wiesen befindet sich allerdings auch die Kinderstube von Reh, Feldhase und Rebhuhn. Einige Jungtiere sind Mitte Juni bereits so groß, dass sie sich bei nahender Gefahr nicht mehr nur drücken, sondern sie ergreifen auch schon die Flucht. In diesem Jahr ist zu beobachten, dass die Jungtiere sehr verschieden alt sind, das heißt, es gibt einerseits schon recht große Kitze, andererseits können aber auch noch hochtragende Ricken beobachtet werden. Laut Verein »Die Kitzretter e.V.« werden allein in Deutschland jedes Jahr rund 100.000 Rehkitze ausgemäht – und dass, obwohl von Seiten der Landwirte und der Jäger eine Vielzahl von Methoden, dies zu verhindern, angewendet werden.

Späte Brut der Rebhühner

Den wenigsten Menschen ist allerdings bekannt, dass die am Boden brütenden Rebhühner jetzt erst mit der Brut begonnen haben. Sie legen ihre gut getarnten, unauffälligen Nester auch gerne in nicht zu dichten Grasflächen oder an den Randbereichen von intensiveren Wiesen an. Bei der zurzeit bevorstehenden Heumahd sind sie also in großer Gefahr, ausgemäht zu werden, denn eine brütende Henne wird ihr Nest nicht oder erst zu spät verlassen. So kommt es also bei der Mahd häufig unbemerkt vor, dass Rebhuhn-Gelege zerstört und die Henne getötet wird. Die Dunkelziffer ausgemähter Gelege ist dementsprechend sehr hoch. Anders als Rehkitze kann man Rebhuhn-Gelege nicht durch Aufstellen von Flatterbändern oder -säcken oder akustischen Methoden zum Verlassen der zu mähenden Wiese überreden; auch eine Suche auf Sicht, wie sie für Rehkitze mit einem ausreichend großen Sucher-Team durchgeführt werden kann ist ohne Aussicht auf Erfolg bei Rebhuhn-Gelegen.

Drohnenpilot Stefan Vones aus Ottrau widmet seine volle Konzentration dem Drohnenflug. Foto: Andrea Imhäuser | LLH
Drohnenpilot Stefan Vones aus Ottrau widmet seine volle Konzentration dem Drohnenflug. Foto: Andrea Imhäuser | LLH

Moderne Technik kann Wildtiere retten

In den vergangenen Jahren hört man immer häufiger von Rehkitzrettung mittels ferngesteuerter Drohnen. An einer Drohne wird anstelle einer konventionellen Fotokamera eine Wärmebild-Kamera befestigt, diese zeichnet alle Temperatur-Unterschiede des systematisch abgesuchten Gebietes auf. So kann am Bildschirm genau geortet werden, wo sich eine Wärmequelle befindet. Ein Helfer wird nun gezielt zur Wärmequelle dirigiert, um nachzusehen, was der Urheber der Wärme ist. Rehkitze und Junghasen können vorsichtig herausgetragen und in Sicherheit gebracht werden, der Landwirt kann seine Wiese gefahrlos mähen. So bleiben Jungtiere am Leben und das Futter frei von giftigen Verunreinigungen.

Experiment: Suche von Rebhuhn-Gelegen

Wurde diese Wärmebild-Methode bisher ausschließlich zur Suche von Rehkitzen angewendet, so wurde am vergangenen Samstag nahe Bad Zwesten erstmalig versucht, Rebhuhn-Gelege mit darauf brütender Henne unmittelbar vor der Mahd zu orten, um dann den Neststandort großflächig auszusparen.

Im Feldflur-Projekt zur Förderung des örtlichen Rebhuhn-Restbestandes um Bad Zwesten wurden im Verlauf der vergangenen zwei Jahre gezielt ca. 20 ha Blühflächen besonderer Artenzusammensetzung und Pflege angelegt. Die daran angrenzenden Heuwiesen und Graswege stellen ebenfalls gute Bruthabitate für Rebhühner dar, weshalb sich das Experiment auf diesen beiden Wiesen angeboten hatte.

Überflug ausnahmsweise am späten Abend

Üblicherweise werden solche Suchflüge mit Wärmebildkamera in den frühen Morgenstunden gestartet, wenn der Temperaturunterschied zwischen zu suchendem Tierkörper und Umgebung möglichst hoch ist. Aufgrund der wechselhaften Wetterlage wurde jedoch kurzfristig entschieden, die betreffende Gegend am späten Abend abzufliegen.

Zum Einsatz kam das Team von Drohnenpilot Stefan Vones aus Ottrau, welches sehr flexibel auf die kurzfristige Terminvorverlegung reagiert hat. Nachdem die umfangreiche Technik aufeinander eingestimmt war, konnte die Suche beginnen. Ein Team besteht aus mindestens zwei Personen: dem Drohnenpiloten und einer weiteren Person, welche die Flugdaten auf einem Bildschirm bzw. einer speziellen Brille verfolgt. Sehr hilfreich ist eine dritte Person, welche zur gefundenen Wärmequelle dirigiert werden kann.

Während Stefan Vones die Drohne fliegt, verfolgt eine Mitarbeiterin die Suchergebnisse live auf einer VR-Brille. Foto: Andrea Imhäuser | LLH
Während Stefan Vones die Drohne fliegt, verfolgt eine Mitarbeiterin die Suchergebnisse live auf einer VR-Brille. Foto: Andrea Imhäuser | LLH

Vier Wärmequellen gefunden

Am Abend der ersten Rebhuhn-Suche konnten insgesamt vier Wärmequellen identifiziert werden: Die erste stellte sich als alter Eichen-Zaunpfahl heraus, der sich in der Abendsonne aufgewärmt hatte. Die zweite Wärmequelle war eine im hohen Gras mausende Katze, welche beim herannahenden Helfer eilig die Flucht ergriff. Beim dritten warmen Fleck auf der Karte der Wärmebildkamera handelte es sich um einen größeren Wiesenameisen-Haufen. Im äußersten Zipfel der zweiten Wiese konnte kurz vor Ende des Fluges ein Junghase ausfindig gemacht werden; auch er ergriff vor dem herannahenden Helfer die Flucht. Die beiden abgesuchten Wiesen konnten noch am gleichen Abend gemäht werden.

Einzige alltagstaugliche Technik

Die Technik und Methode der Suche mittels Wärmebild-Kamera erscheint nach diesem Experiment als durchaus geeignet, zu mähende Flächen vorab auf Rebhuhn-Gelege abzusuchen; insbesondere als dass es die einzige alltagstaugliche Möglichkeit ist, die sehr gut getarnten Gelege überhaupt vorab ausfindig zu machen.

Auch wenn an diesem Abend kein Rebhuhn-Gelege gefunden wurde, hat es doch gezeigt, dass die Möglichkeit grundsätzlich besteht, auch kleine Wärmequellen wie einen Wiesenameisen-Haufen ausfindig zu machen. Es soll ein Anreiz sein, moderne Technik zur Wildtier-Rettung in Zusammenarbeit mit Landwirt und Jagdpächter zu nutzen.

Die Gemeinde hat bezahlt

Ein besonderer Dank geht an die Gemeinde Bad Zwesten, welche den Einsatz der Wärmebild-Drohne durch die Bereitstellung finanzieller Mittel möglich gemacht hat.

(von Andrea Imhäuser, LLH)

Ausnahmsweise stieg die Drohne vorigen Samstag am späten Abend über den Bad Zwestener Feldern auf. Foto: Andrea Imhäuser | LLH
Ausnahmsweise stieg die Drohne vorigen Samstag am späten Abend über den Bad Zwestener Feldern auf. Foto: Andrea Imhäuser | LLH


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