Tagung zu Ehren Johann Hinrich Wicherns in Hephata
Schwalmstadt-Treysa. Aus Anlass des 200. Geburtstages von Johann Hinrich Wichern, Theologe, Pädagoge und Sozialreformer, fand im Kirchsaal der Hephata Diakonie in Treysa eine zweitägige Veranstaltung statt. Fachreferenten sprachen zu den Themen Wichern-Diakonie und soziale Arbeit. Schon früh hatte die Hessische Kirchengeschichtliche Vereinigung (HKV) die Persönlichkeit Wicherns als Tagungsthema festgelegt. Die Evangelische Fachhochschule Darmstadt (EFHD) erweiterte dies noch um die Aspekte Diakonie, Theologie und Sozialpädagogik. Gemeinsam luden beide Veranstalter dann am vergangenen Wochenende in den Hephata-Kirchsaal.
Neben den Mitgliedern der HKV und den Studierenden der EFHD kamen noch viele Interessierte, etwa die Teilnehmer des Gästeseminars der Diakonischen Gemeinschaft. Die längst Anreise hatte wohl Ursula Otto, die von München hierher kam. „Ich hatte von der Tagung und auch von Hephata schon einiges gehört, aber ich hätte mir nie vorstellen können, dass man hier so gut begleitet wird.“ Doch auch für Nachwuchsforscher bot die Tagung viel Neues: „Ich promoviere gerade über Wichern und bin daher dankbar, hier in Hephata einmal die Spitzen der Wichernforschung persönlich kennen zu lernen und fragen zu dürfen“, so Carsten Schwöbel aus Heidelberg.
Wichern in Nordhessen
Es ist nicht leicht, eine unmittelbare Verbindung zwischen Wichern und Hephata herzustellen. Zwar hat sich der Reformer 1868 in Kassel, Marburg und Ziegenhain aufgehalten, sich dabei aber wohl eher für die Gefängnisse interessiert. Ob eine Begegnung mit Franz von Roques stattgefunden hat, lässt sich heute nicht mehr sagen, aber ein Briefwechsel zwischen Hermann Schuchard und dem Rauhen Haus ist ab 1894 belegt. Viele Fragen des jungen Pfarrers konnten von den erfahrenen Nachfolgern Wicherns beantwortet werden. Daher kann man eine direkte Wirkung von Wicherns Theologie und Handlungsformen auf Hephata annehmen.
Bandbreite der Tagung
Natürlich stand bei der Tagung Wicherns Bedeutung für die Diakonie im 19. und 20. Jahrhundert im Vordergrund der Überlegungen. Diese arbeitete Prof. Dr. Jochen Christoph Kaiser in seinem Abendvortrag heraus. Wichern wirkte aber auch auf die katholische Kirche, so war es Pfarrer Dr. Friedhelm Ackva aus Mainz, der hier Aspekte setzte. Ein guter Bekannter in der Diakonie ist Pfarrer Dr. Dr. Jürgen Albert, der einen bewegten Beitrag lieferte und auch die Diskussion entfachte. Viele Gäste zeigten sich überrascht über die Lebendigkeit des Reformationsgottesdienstes. Chor, Gemeinde und Liturgie unter der Leitung von Hephata Direktorin Pfarrerin Barbara Eschen und Kantorin Tabea Fuhr wechselten sich ab. Sie motivierten die Gemeinde zum Mitsingen und Mitmachen.
Am zweiten Tag begrüßte die Vizepräsidentin der EFHD, Prof. Dr. Birgit Bender Junker, die Gäste, bevor Prof. Dr. Gerhard Schäfer, die Tagung mit dem Referat „Wicherns Sozialpädagogik aus theologischer Sicht“ fortführte. Diesem folgte: „Wicherns Sozialpädagogik im Rauhen Haus“ von Prof. Dr. Roland Anhorn. Am Nachmittag ging die Tagung dem Aspekt Frage nach: „Wichern im Rahmen der Professionalisierung der Sozialen Arbeit“, ein Thema das durch Prof. Dr. Ralph-Christian Amthor aus Würzburg eingeleitet wurde.
Was bleibt? Die Beiträge und Diskussionen zeigen, dass das Thema Wichern nicht vergessen, sondern gerade heute neu aufgenommen wird. Der rege Austausch von Adressen zeigt, dass das Thema weiter verfolgt wird. Die HKV und EFHD sehen ihre Aufgabe darin, die Ergebnisse der Tagung so schnell wie möglich zu publizieren. (ric)