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Armut überwinden oder Lebensmittel retten?

dierk-glitzenhirn141208Homberg. Unter dem Titel „Armut überwinden oder Lebensmittel retten?“ fand eine Podiumsdiskussion in der Evangelischen Stadtkirche Homberg statt. In einer Zusammenarbeit des  Diakonischen Werks  im Schwalm-Eder-Kreis, der Evangelischen Akademie Hofgeismar und des Evangelischen Forums Schwalm-Eder sollten soziale und politische Orientierungen der Tafelarbeit diskutiert werden. Zunächst warfen kurze Interviews von Pfarrer Dierk Glitzenhirn, Projektleiter des Evangelisches Forum, mit einem Mitarbeiter der Fritzlarer Tafel und einer Tafelkundin der Melsunger Tafel Schlaglichter auf die praktische Arbeit. Dann leitete Pfarrer Bernd Kappes, Studienleiter der Evangelischen Akademie, das Podium und die Diskussion mit dem Publikum.

Als Podiumsgäste diskutierten: Harald Würges,  Diakon und Leiter der Wetzlarer Tafel, sowie Vorstandssprecher der Hessischen Tafeln und Vorstandsmitglied des Verbandes der Bundestafeln, Holger Schoneville, Sozialwissenschaftler an der Technischen Universität Dortmund und Johannes Imhäuser von der Foodsharing-Initiative Marburg.

„Wenn wir nur Essen ausgeben sollen, dann hören wir auf“, zitierte Studienleiter Kappes zu Beginn aus einem Text von Harald Würges. Der gab zu erkennen, dass er „als Christ und Staatsbürger“  eine bestimmte Art der Tafelarbeit bevorzuge: „das richtige Modell ist, das Bedürftige selber aktiv werden.“ Gegenseitige Beratung  in Wohnungsfragen, Ämterbegleitung und die Möglichkeit zu Begegnung gehörten für ihn zum Tafelleben dazu.

Deutliche Kritik äußerte Holger Schoneville, der wissenschaftliche Interviews mit Tafelnutzern führte. Er habe Respekt vor dem Engagement der Mitarbeitenden der Tafeln, beim Betrachten der „Tafel als System“ entstehe aber ein anderes Bild. Es werde viel über Nachhaltigkeit und Armut als Skandal in der Wohlstandsgesellschaft geredet, aber letztlich instrumentalisierten Politiker und Unternehmen die Tafeln für ihre Zwecke. Er betonte, es sei beschämend für die Betroffenen, zur Tafel zu gehen und sagte, „ Menschen gehen nicht freiwillig zur Tafel“. Dafür erhielt er kräftige Zustimmung aus dem Publikum der etwa 50 Gäste der Veranstaltung. Scharf ging er mit dem Bundesverband der Tafeln ins Gericht, der zusammen mit konservativen Politikern die „Tugend des Ehrenamtes“ preise, aber dem Sozialstaatsabbau das Wort rede. Unter dem Deckmantel von Hilfe und Nächstenliebe werde „schon mal ‚Tschüß‘ zum Sozialstaat“ gesagt.
Johannes Imshäuser berichtete vom „Fairteiler“ im Gemeindehaus der Universitätskirchengemeinde, einer Anlaufstelle, an der einmal in der Woche Lebensmittel weitergegeben und getauscht werden könnten. „Foodsharing“ sei bisher vor allem im privaten Bereich der Fall, man gehe zu Freunden oder Nachbarn oder annonciere per mail im Bekanntenkreis überzählige Lebensmittel. Vordringliches Ziel sei die Vernichtung von Lebensmitteln zu verhindern und sah das Foodsharing in der Haltung des „nicht nur tatenlos zusehen“ als Bündnispartner der Tafeln . Diskussionsleiter Kappes sprach deshalb auch vom „kleinen Bruder oder der kleinen Schwester der Tafel“.

Zum Schluss wandte sich Würges noch einmal mit einem leidenschaftlichen Appell an die Verantwortlichen in der Kirche, für die Rechte derer zu kämpfen, die ihnen anvertraut sind, und sich des Themas „Armut“ anzunehmen. (red)



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