Alwin Wagner lebt die Leichtathletik

Melsungen. Ein halbes Jahrhundert prägte maßgeblich Alwin Wagner das Leichtathletik-Geschehen in der MT Melsungen. Er war Vordenker, Strippenzieher und vor allem Trainer. Zu seinem 50. Jubiläum sprach mit ihm Alexandra Kliem.
Erfolge von Anfang an
Als er im Alter von 21 Jahren im November 1971 nach dem Motto „die große Leichtathletik beginnt bei den Kleinen“ begann, vermittelte er den Kindern Spaß an der Bewegung. Schon bald stellten sich die ersten Erfolge ein, so verbesserte die 13-jährige Beate Schwarz den Hessenrekord im Kugelstoßen der W14 auf 13,03 Meter und sicherte sich vier Jahre später als mehrfache Landesmeisterin den dritten Rang bei den nationalen Titelkämpfen in München.

Bewegungsdrang der Kinder genutzt
In Gespräch betonte Wagner, dass er die Grundlagenausdauer der Kinder verbesserte und ihre konditionellen und koordinativen Fähigkeiten mit den Schwerpunkten Schnellkraft und Schnelligkeit entwickelte. Er nutzte den Bewegungsdrang der Kinder und stimmte die Bewegungslust auf ihre Fähigkeiten und Interessen ab. „Die Kinder wollten sich ständig verbessern und immer etwas Neues ausprobieren“, erläuterte Wagner, dessen vielseitiges Training sich herumsprach. Manchmal nahmen mehr als 30 Jugendliche an seinen Übungsstunden teil, wobei die Jüngeren von Älteren lernten und sich vieles abschauten.
Vom Leichtathletik-Verband berufen
Als WM- und EM-Teilnehmer sowie als Olympionike sammelte Alwin Wagner vielfältige Erfahrungen. Von den Bundestrainern lernte er, dass die Entwicklung einer sportlichen Leistung Systematik in der Planung und Belastung, Wissen und Können in der Technik sowie in der Lehrweise der Übungen erfordert. Mit dieser Erkenntnis ausgestattet, war das Training für Wagner ein langfristiger Prozess. Seine Philosophie lautet noch heute: „Erfolge lassen sich nicht planen, dafür aber Leistungen“.
Durch seine Erfolge als Trainer auch auf Bundesebene wurde der Hessische Leichtathletik-Verband auf ihn aufmerksam und berief ihn von 1985 bis 2002 als Diskuswurf- und Kugelstoßtrainer.
Leidenschaft und Tatendrang
Wagner vergleicht sich als Trainer gern mit einem Maler, denn die Saisonplanung ist für ihn wie ein im Werden begriffenes Bild, das er beim Saisonhöhepunkt fertig gestellt haben muss. Seine Athleten tragen im Training und beim Wettkampf ihre Form zusammen und reifen bis zu den Meisterschaften heran. Den letzten Farbklecks setzen sie dann selbst. Das letzte eindrucksvolle Beispiel demonstrierte Vivian Groppe, als sie das 200 m-Finale von Rostock als deutsche U18-Meisterin mit der Bestzeit von 24,12 Sekunden beendete.

Wagner, der in all den vielen Jahren für die Leichtathletik „brannte“, begeisterte und motivierte mit Leidenschaft und Tatendrang seine Schützlinge. Er bildete sie nicht nur sportlich aus, sondern entwickelte auch ihre Persönlichkeit und begleitete viele vom Schüler- bis in das Erwachsenenalter.
Nichts dem Zufall überlassen
Durch die akribische Auswertung der Trainingsprotokolle konnte er realistische Prognosen und Ziele entwerfen, so dass seine Schützlinge ihre Bestleistungen meistens bei Meisterschaften erzielten. Doch dieses Leistungsvermögen kam nicht von ungefähr; es war Grundlage einer systematischen Arbeit, bei der nichts dem Zufall überlassen wurde. Das erkannten auch die erfolgreichen Senioren Hella Böker und Harry Geier, die von den Welt- und Europameisterschaften mehr als zehnmal mit Goldmedaillen oder mit einem Weltrekord zurückkehrten.
Hoffnung auf das Nationalteam
Aus gesundheitlichen Gründen musste Alwin Wagner kürzer treten. Aber mit Vivian Groppe und Luis André, der während der Woche das Sportinternat in Chemnitz besucht, trainiert er ein erfolgreiches Duo, zu dem nach den Sommerferien noch Maybritt Böttcher hinzukam. Die 16-Jährige wurde im November hessische U18-Meisterin im 10 km-Straßenlauf mit 39:28 Minuten und gehört zu den Top-Ten in Deutschland. Für das kommende Jahr wünscht sich Wagner, dass sich Vivian (U20-WM, Kolumbien) und Luis (U18-EM, Israel) für diese internatonalen Meisterschaften qualifizieren und in das Nationalteam berufen werden.
„Es waren schöne und erfolgreiche 50 Jahre, von denen ich keinen Tag missen möchte“, sagte der 71-Jährige zum Abschluss.

Zur Person
Alwin Wagner feierte große Erfolge als aktiver Sportler. Neben seinen 44 Berufungen in die deutsche Nationalmannschaft, die er viele Jahre als Kapitän führte, wurde er fünf Mal in Folge deutscher Diskuswurfmeister (1981 bis 1985) und krönte seine sportliche Karriere mit dem sechsten Platz bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles.
Erfolge bei den Senioren
• Weltmeister — 2005
• Europameister — 2006
• Winterwurf Europameister — 2006
• Hallen-Europameister — 2007
• Am 21.08.1982 verbesserte Alwin Wagner den Weltrekord im Schleuderballwerfen auf 86,92 m. Diese Bestleistung steht bereits 39 Jahre im Rekordbuch.
(Alexandra Kliem)
Das ist so wahr! Der Alwin ist ein ganz feiner Kerl mit Rückgrat,den hätte ich mir als Trainer sehr gewünscht. Und er sitzt weiter bei den jungen Athleten an der Bahn, motiviert und analysiert wie eh und je! Was für ein toller Mensch! Thomas Hessberger/Frankfurt am Main