Finale mit Kronenkreuz
Pfarrer Peter Göbel-Braun als Hephata-Direktor verabschiedet und ausgezeichnet
Schwalmstadt-Treysa. Pfarrer Peter Göbel-Braun wurde am Donnerstagvormittag mit einem Gottesdienst und anschließender Feierstunde in der Hephata-Kirche in den Ruhestand verabschiedet. Zuvor erhielt er von Oberlandeskirchenrat Horst Rühl, theologischer Vorstand der Diakonie Hessen, das goldene Kronenkreuz überreicht, die höchste Auszeichnung der Diakonie in Deutschland.
„Finale“, dieses eine Wort hatte Pfarrer Peter Göbel-Braun gestern auf das Deckblatt des Flipcharts in seinem Büro geschrieben. Er selbst, sein Vorstandskollege Maik Dietrich-Gibhardt und auch die Grußwortredner nahmen darauf Bezug. Finale – 36 Jahre Tätigkeit für die Hephata Diakonie, davon die letzten 21 Jahre als pädagogischer Vorstand, gehen offiziell zum 1. Juni 2015 zu Ende. Rund 150 Wegbegleiter aus Kirche und Diakonie, Freunde und Förderer Hephatas, Vertreter aus Politik, Gesellschaft und Vereinen waren zu der Verabschiedung gekommen. Neben Karl Josef Freischem an der Orgel gestaltete die inklusive Band „Jukas – on tour“ auf Wunsch von Göbel-Braun, der selbst E-Gitarre spielt, den musikalischen Rahmen.
Zwar griff Göbel-Braun nicht zur Gitarre, die Predigt im Gottesdienst übernahm er aber selbst. Er eröffnete diese mit den Worten: „Es geht um seine, Jesus, Nachfolge, nicht um meine. Nachfolge bedeutet Bewegung.“ Im Folgenden gab er dem Wort Bewegung anhand von Zeugnissen aus der Bibel, eigenen Erlebnissen und Gedanken seine eigene Bedeutung: „Im neuen Testament ist das sich Aufmachen Sinnbild einer neu gewonnen Freiheit. Aber nicht alle, die gehen, sind unterwegs. Und viele, die sitzen, sind schon lange auf dem Weg.“
Die bewegte und bewegende Predigt fasste Oberlandeskirchenrat Horst Rühl dann auch so zusammen: „Sie haben uns ja noch mal ein richtiges Feuerwerk abgebrannt.“ Er beschrieb die Zusammenarbeit mit Göbel-Braun als reibungsvoll, aber positiv. „Sie waren und sind jemand, der sagt, was Sache ist. Sie waren und sind ein Geschenk für die Hephata Diakonie. Wir werden dieses Geschenk vermissen, wir werden diese kompetente und kritische Stimme im Konzert von Kirche und Diakonie vermissen.“ Er überreichte Göbel-Braun das goldene Kronenkreuz um „einem unbequemen und liebevollen Streiter der Diakonie Danke zu sagen“.
Danke sagen, dies taten bei der folgenden Feierstunde als erste Günter Ritter, Vorsitzender des Werkstattrates, und Sabrina Pfaff, Vorsitzende des Beirats für selbstbestimmtes Leben, beide Gremien der Mitbestimmung von und für Menschen mit Behinderungen. Ritter und Pfaff gaben ihm Worte aus dem Alten Testament mit in den Ruhestand: „Verpasse keinen fröhlichen Tag. Genieße die Freuden, die für Dich bestimmt sind.“
Dr. Andreas Jürgens, Erster Beigeordneter des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (LWV), ging in seinem Grußwort vor allem auf zwei Themen ein, die Göbel-Braun im Fokus hatte: Zum einen die Mitarbeit in der Hessischen Arbeitsgruppe „Regionale Eingliederung von Menschen mit geistiger Behinderung (ZAG), die sich für Menschen einsetzte, die bis dato aufgrund von Behinderungen in psychiatrischen Krankenhäusern fehl untergebracht gewesen waren und dann in Einrichtungen der Behindertenhilfe wechselten. Zum anderen die Regionalisierung der Behindertenhilfe: „Dieser tiefgreifende Veränderungsprozess stellt eine erhebliche Herausforderung für alle Beteiligten dar“, so Jürgens. „Wir vom LWV sind gemeinsam mit Ihnen auf dem Weg.“ Er bedankte sich für das Engagement und die Zusammenarbeit bei Göbel-Braun.
„Ich bin heute zu Ihrem Finale gekommen, um Danke zu sagen“, schloss sich Winfried Becker, Landrat des Schwalm-Eder-Kreises an. „Aus Sicht des Schwalm-Eder-Kreises kann ich nur sagen, dass wir gerne mit Ihnen und Hephata insgesamt zusammengearbeitet haben und Sie vermissen werden. Nicht immer findet man Fachlichkeit, Sachlichkeit und Humor so gut in einer Person vereint.“ Becker bescheinigte Göbel-Braun ein „Hinterfragen der Dinge, der eigenen Person und ein Provozieren, das oft dazu geführt hat zu sagen: Mensch, da müssen wir noch mal drüber nachdenken. Das hat meistens Bewegung gebracht.“
Ralf Zeuschner, Vorsitzender der Gesamt-Mitarbeitervertretung (MAV) Hephatas, erlebte Göbel-Braun als einen Vorstand, der sich für Anliegen der Mitarbeiterschaft Zeit genommen habe, immer für Fragen zur Verfügung stand und Kenntnis und Erfahrung eingebracht habe. „Ich erlebte sie nie als abgehoben oder abweisend gegenüber den Fragestellungen.“
„Wenn Sie diesen Tag mit Finale überschrieben, dann will ich es damit tun mit: Ein Urgestein Hephatas geht“, sagte Oberlandeskirchenrat Dr. Rainer Obrock, Vorsitzender des Hephata-Aufsichtsrates. Er zeichnete den beruflichen Werdegang Göbel-Brauns nach. „Sie haben dieses Vorstandsamt mit großer Fachkompetenz und der nötigen Umsicht ausgeübt. Es war sicher nicht immer vergnügungssteuerpflichtig. Manchmal bedeutet, um im Bild des Urgesteins zu bleiben, die Vorstandsverantwortung auch, dass man konsequent seine Linie verfolgen muss, auch wenn andere den Eindruck haben, sich an Ihnen die Zähne auszubeißen.“ Im Namen der Mitgliederversammlung und des Aufsichtsrates sagte er: „Hephata hat Ihnen viel zu verdanken. Sie haben hier große Spuren hinterlassen. Sie haben nicht nur als Urgestein, sondern auch als Konstante im Vorstand maßgeblich dazu beigetragen, dass Hephata im ständigen Wandel des sozialpolitischen und wirtschaftlichen Umfeldes für die Zukunft gut aufgestellt ist.“
Als letzter Redner, zum Finale des Finales, ergriff Peter Göbel-Braun selbst das Wort. „Nicht immer war ich schon so alt, das machten erst die Jahre.“ Was mit einem Zitat von Heinz Erhardt begann, entwickelte sich zu einem von der Freude an Selbstironie und Sprachwitz getragenen Grußwort: „Nicht nur mir verdankt man etwas, ich verdanke anderen noch mehr. Ich weiß, dass ich auch einen Haufen Mist gebaut habe. Zum Glück ist das heute weniger erwähnt worden.“ Zugleich schlug Göbel-Braun aber auch ernste Töne an und bedankte sich vor allem bei den Mitarbeitenden Hephatas: „Sie begeben sich bis in die körperliche Unmittelbarkeit, lassen sich anrühren von Sorgen, Nöten und Verzweiflung, sind direkt MitMenschen aktiv.“ Der Schluss seines Grußworts war dann wieder im Stil desjenigen, mit dessen Zitat er seine Rede begonnen hatte: „Meine Damen und Herren, das war’s“. (me)