Die AVS in nationalsozialistischer Zeit
Neues Buch zur Schulgeschichte der BTHS in Homberg
Homberg. Im Jahr 2005 wurde Thomas Schattner die Leitung des kleinen Schulmuseums durch den damaligen Schulleiter der heutigen Bundespräsident-Theodor-Heuss-Schule (BTHS) in Homberg, Hans-Hermann Schäfer, übertragen. Zwölf Jahre später kann er nun sein drittes Buch zur Schulgeschichte vorlegen. Eines der ersten Ziele vor zwölf Jahren war die Erforschung der jüdischen Schicksale der August-Vilmar-Schule (AVS) in der nationalsozialistischen Zeit. Dies gelang in den nächsten Jahren durch persönliche Kontakte zu Nachfahren der ehemaligen jüdischen Schüler in den USA (Sandra Höxter, Washington) und in England hervorragend. Besonders sei hier Margret Grundmann (geb. Goldschmidt, geboren 1916 in Homberg, Newmark) und ihrer Tochter Helen Mars (London) gedankt.
In einem nächsten Schritt versuchte der Autor, die Schicksale von oppositionellen Kollegen in den Jahren der NS-Diktatur zu erforschen. Auch hier konnten Archivalien gesichtet und ausgewertet werden. Erneut waren auch Kontakte zu Nachfahren, wie z.B. bei der Familie Zenker (Würzburg) höchst hilfreich. Überraschend stellte der Autor dann fest, dass es sogar Oppositionelle und Widerstandskämpfer an der AVS gegeben hat. Umgekehrt galt es auch zu konstatieren, dass hochkarätige Repräsentanten des NS-Regimes Verbindungen nach Homberg und zur Schule hatten, wie z.B. Dr. Roland Freisler und Dr. Karl Neuhaus.
Im Zuge anderer schulgeschichtlichen Forschungen ergaben sich dann Kontakte zur Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) in Berlin. Dort fanden sich in einer Archivdatenbank zahlreiche Personalbögen von Kollegen, die hier in Homberg in der NS-Zeit gearbeitet und gewirkt hatten. Des Weiteren waren dort auch Jahresberichte der AVS archiviert, die sich nicht im Schulmuseum der BTHS befinden.
Aufgrund der Materialdichte (z.B. das alle Jahresberichte von 1932 bis 1941vorhanden waren), welche so zusammengefügt werden konnten und aufgrund der Tatsache, dass auch das damalige Kreisblatt im Hinblick auf schulgeschichtliche Meldungen in den Jahren 1933 bis 1945 ausgewertet werden konnte, hat sich der Autor entschlossen, die Ergebnisse seiner Forschungen der Öffentlichkeit vorzustellen.
Dass dabei am Ende ein unglaublich dichtes Bild der Schulgeschichte herausgekommen ist, ist umso erfreulicher, denn ein solches Bild können nur wenige Schulen in der Bundesrepublik im Hinblick auf ihre nationalsozialistische Vergangenheit vorweisen. So konnten u.a. auch die Biografien der beiden Schulleiter in der NS-Zeit detailliert beleuchtet werden, biografische Aspekte des Hausmeisters der damaligen Zeit, etc.
Wichtig war aber auch, auf vor allem personelle Kontinuitätslinien nach 1945 hinzuweisen. Denn eine „Stunde null“ hat es auch im Bereich der Schulen nicht gegeben, stattdessen unterrichteten die alten Kollegen der 1930er Jahre bis zum Teil in die 1970er Jahre weiter. Dabei waren zwei ehemalige Schüler der AVS mit ihren Informationen und Fotografien ihrer Archive sehr hilfreich (Dr. Hartmut Boettger, Friedrichshafen und Bernd Wittek, Kassel), die mit ihrem Wissen das Buch enorm bereichern konnten.
Schulleiter Dr. Ralf Weskamp schrieb in seinem Vorwort zu dem Buch im Hinblick auf die Schulgeschichte im NS-Staat: „Schattners Buch zeichnet das schreckliche Ergebnis dieser Entwicklung anhand einzelner Schicksale nach und gibt ihm somit ein Gesicht mit Licht, aber mit sehr viel mehr Schatten. Er leistet damit einen entscheidenden Beitrag für die Aufarbeitung der Schulgeschichte der Bundespräsident-Theodor-Heuss-Schule, für die Regionalgeschichte, aber auch für die Bildungsgeschichte Deutschlands insgesamt.“
Zahlreiche schwarz-weiße Abbildungen illustrieren den 430 Seiten starken Band, der bei Amazon im Internet zum Preis von 14,82 Euro erworben werden kann. (Thomas Schattner)