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KiföG: SPD lud zur Podiumsdiskussion ein

spd130227aFrielendorf. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über das von der Hessischen Landesregierung geplante „KiföG“, das sogenannte Kinderförderungsgesetz, fand in Frielendorf eine Podiumsdiskussion statt, zu der die Landtagsabgeordnete Regine Müller eingeladen hatte. Die Teilnehmenden des Podiums beleuchteten ihre Sicht auf das geplante Gesetz und die möglichen Konsequenzen für die Einrichtungen für Kinder im Vorschulalter. Frielendorfs Bürgermeister Birger Fey sagte, Kostendeckung im Kindergartenbereich werde es nie geben. Die Belastung der Eltern, die Beiträge zahlen, müsse im erträglichen Rahmen bleiben. Er bekannte sich zu der Verpflichtung der Gemeinde, eine hohe Qualität der Betreuung und Bildung in den Kindergärten zu gewährleisten.

Die Defizite, die in den Gemeindehaushalten durch die Trägerschaft von Kindergärten- und Krippen entstehen, dürften nicht weiter steigen. In dem Zusammenhang sehe er das „KiföG“ weniger skeptisch.

Erster Kreisbeigeordneter Winfried Becker, Sozialdezernent des Schwalm-Eder-Kreises, teilt die Skepsis vieler Fachleute, Verbände und Elternvertreter: „Schlechte und fehlgeleitete Entwicklung im frühen Kindesalter sind später kaum, oder nur mit großem Aufwand auszugleichen.“ Die Qualität der Bildung und Betreuung sei im Länder- und im Europa-Vergleich zu niedrig, die Finanzierung immer noch mangelhaft. Sollte das Gesetz in Kraft treten, sieht er große Probleme bei der Umsetzung in den Einrichtungen. Da für die Berechnung der Zuschüsse von Seiten des Landes jährlich nur ein Stichtag, der 1. März, maßgeblich sei, befürchtet er eine schlechte Planbarkeit für die Träger.

Ein weiteres großes Manko sieht er in der Möglichkeit, in Zukunft 20 Prozent des Personals durch fachfremde Mitarbeiter zu besetzen, die dann jedoch sehr wohl auf den Fachkraftschlüssel angerechnet würden.

spd130227bDer Vorsitzende des Kreiselternbeirates, Dieter Schorer, schloss sich der Kritik an. „Immer mehr Familien sind auf längere und flexible Öffnungszeiten der Kindergärten- und Krippen angewiesen. Auch hier wirkt das KiföG kontraproduktiv.“ Er beanstandete auch, dass Eltern und Fachverbände längst nicht genügend angehört würden. Sein Eindruck sei, dass der Fokus des Gesetzentwurfs nicht mehr auf Qualität gerichtet sei, sondern nur helfe, Notlagen zu beheben. Fachfremde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürften bestenfalls zusätzlich zu dem ausgebildeten Personal eingesetzt werden.

Karin Wagner, Leiterin des Jugendamtes des Schwalm-Eder-Kreises meinte, das Gesetz gebe verkehrte Anreize für die frühkindliche Bildung und Förderung. „Die Einrichtungen sollen jedem Kind einen möglichst guten Start ins Leben ermöglichen. Alle Formen der präventiven Jugendhilfe dient der Vermeidung späterer Defizite.“ Die Folgekosten eines schwierigen und misslungenen Bildungswegs seien extrem hoch. Alle Betreuungsangebote für Kinder würden in den letzten fünf Jahren deutlich verstärkt wahrgenommen. Nach Berechnungen der Gewerkschaft Ver.Di. erhielten die Träger die optimalste finanzielle Förderung bei einer Öffnungszeit von 4,5 Stunden am Tag. Das sei angesichts der heutigen Notwendigkeiten bei Weitem nicht genug. „Kleine Kinder brauchen viel Zuwendung, Körperkontakt und Zuverlässigkeit. Mit dem „KiföG“ kann ein nötiger Qualitätsanspruch in unseren Einrichtungen nicht umgesetzt werden.“

Ruth Vaupel, Kindergartenleiterin aus Borken, teilte die Bedenken. Für Kinder sind eine behütete, ihnen wohlbekannte Umgebung und enge menschliche Beziehungen zu ihren Erzieherinnen und Erziehern vital nötig. „Wir sind gehalten, im Kindergarten den Hessischen Bildungs- und Erziehungsplan umzusetzen. Nach unserer Rechnung bliebe dafür gar keine Zeit mehr, wenn das KiföG umgesetzt werden würde. Der Gesetzentwurf reduziert Pädagogik auf Zahlen und entspricht nicht erzieherischen Ansprüchen. “

Die Möglichkeit, die Gruppengröße der Kinder unter drei Jahren in Zukunft von auf 12 auf 16 Kinder heraufzusetzen, hält sie für unzumutbar.

Die anwesenden Zuhörerinnen und Zuhörer hatten die Möglichkeit, sich mit Fragen und Beiträge an der Diskussion zu beteiligen. Christine Müller-Hinz, Kindergartenleiterin aus Frielendorf, sagte, dass sich ihrer Meinung nach durch das „KiföG“ der Fachkraftmangel verstärkt würde. Viele Träger wären durch die Stichtagsregelung gezwungen, vermehrt befristete Verträge anzubieten. „Welche junge Frau, welcher junge Mann kann damit eine Lebensplanung vornehmen? Die Qualität der Betreuung unserer Kinder wird sich ohne Zweifel mit dem KiföG verschlechtern.“

Klaus Schellberg vom Deutschen Gewerkschaftsbund fürchtete gar, daß Träger, um Personalengpässe zu überbrücken, in Zukunft auf Zeit- und Leiharbeit angewiesen sein könnten.Wenn fachfremdes Personal eingestellt werden könne, sei das für Träger möglicherweise eine Option.

Kreiselternbeiratsvorsitzender Dieter Schorer forderte die in großer Zahl anwesenden Erzieherinnen auf, Briefe mit fachlichen Argumenten an die Abgeordneten zu schreiben. Auch sollte man versuchen, möglichst viele Eltern über die Inhalte des geplanten Gesetzes zu informieren.

Zum Schluss sagte Regine Müller, dass sie das Gesetz für falsch und verfehlt halte. „Meine Fraktion wird darum auch keinen Änderungsantrag im Parlament stellen. Wir wollen das Gesetz, sollte es vor der Sommerpause tatsächlich verabschiedet werden, zurücknehmen, wenn wir die Möglichkeit dazu bekommen.“ (red)



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